09.06.2014
DJHT: Europa in Israel und in Russland
Beim Kinder- und Jugendhilfetag in Berlin präsentieren sich auf dem „Marktplatz Europa“ die bilateralen Jugendwerke und Koordinationsbüros mit einem eigenen Standkonzept. Darunter auch diejenigen, die den Begriff Europa naturgemäß erweitern.
Aus der Lounge von JUGEND für Europa klingen die Redebeiträge herüber, mit denen die Nationale Agentur ihre Arbeit und die ihrer Partneragenturen präsentiert. Europa bildet einen wichtigen Bestandteil des 15. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetages. Schon der Bundespräsident hatte in seiner Ansprache erklärt, wie sehr ihm dieser Aspekt am Herzen liegt. „Mehr Europa in die Kinder- und Jugendhilfe“ lautet entsprechend auch das Motto des Marktplatzes, an dem sich viele interessierte Fachkräfte drängeln.
Nur wenige Schritte entfernt haben die Jugendwerke und Koordinationsbüros für bilaterale Länderprogramme ihre Stände zusammengeschlossen. ConAct für den deutsch-israelischen Austausch, das Deutsch-Französische Jugendwerk, die Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch, Tandem für den deutsch-tschechischen Jugendaustausch und das Deutsch-Polnische Jugendwerk sind gemeinsam mit IJAB unter dem Banner „Internationale Jugendarbeit“ präsent und stellen sich den Fragen vor allem von jungen Messebesuchern.
Wie sehen sich die beiden Koordinierungsstellen in diesem Kontext, die mit Europa im engsten Sinn nicht „verbandelt“ sind. Christine Mähler, Geschäftsführerin von ConAct und damit für den deutsch-israelischen Jugendaustausch verantwortlich, beschreibt die Sonderrolle ihres Programms. „Da gibt es zwei Aspekte“, sagt die ConAct-Chefin. „Viele - nicht alle - Israelis fühlen sich nicht in Europa sondern von oder aus Europa.“ Damit ist eine zwar europäisch gemeinsame Basis gelegt, die ihren Ursprung sicherlich auch in der zionistischen Bewegung, vor allem aber eben im Völkermord an den europäischen Juden findet. Und die damit eine ganz besondere Rolle für das Verhältnis, nicht nur zu Deutschland, spielt.
„Natürlich haben wir inhaltlich sehr viele Anknüpfungspunkte zur EU-Jugendstrategie“, betont Mähler. Sie sagt aber auch, dass sie ihr Programm ganz bewusst bilateral sieht und nicht als Bestandteil von EU-Programmen. „Aber natürlich kommen viele unserer israelischen Austausch-Teilnehmenden ganz bewusst nicht nur nach Deutschland sondern nach Europa.“ Die Offenheit der Grenzen beeindrucken alle Israelis – die Jugendlichen wie die Fachkräfte – „und vielleicht löst das ja was aus in Bezug auf die Visionen für den Nahen Osten“, hofft Christine Mähler. Auf den Punkt gebracht, bestätigt Mäher ein großes JA zur europäischen Jugendpolitik. „Aber nur im Kontext der spezifischen deutsch-israelischen Beziehungen. Das ist auch im Interesse der Israelis, die über diese Kontakte neue Türen nach Europa für sich und ihre Arbeit öffnen.“
Ganz speziell sind die Beziehungen in diesen Tagen auch mit Russland. Davon kann der Geschäftsführer der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch, Thomas Hoffmann, ein Lied singen. Seit der Ukraine-Krise sind auch die Menschen in beiden Ländern verunsichert. Da dreht sich sehr viel um unterschiedliche Informations- und Wissensstände, erklärt Hoffmann und meint damit nicht nur die einseitige Berichterstattung in russischen Medien. Auch deutsche Eltern sind natürlich verunsichert, ob ein Schüleraustausch denn „gerade jetzt“ nötig ist, und ob es in den Partnergemeinden sicher ist. „Gerade jetzt“ greift Hoffmann das Stichwort auf, ist der Austausch nötiger denn je. „Wir wollen alle die Zivilgesellschaft stärken, und da ist es enorm wichtig, dass wir auf vielen verschiedenen Ebenen in persönlichen Kontakt treten.“
Damit hat der Stiftungs-Geschäftsführer auch gleich schon ein wichtiges europäisches Thema angesprochen. Während EU-Politiker über Sanktionen gegen russische Kollegen und Geschäftsleute nachdenken, müssen europäische Bürger auf der zivilgesellschaftlichen Ebene enger zusammen rücken. Denn auch wenn der deutsch-russische Jugendaustausch nicht zur EU im engsten Sinne gehört, so „fühlen sich doch die Russen ganz eindeutig als Europäer“, erklärt Thomas Hoffmann.
Die Grenzen der EU, das machen sowohl der deutsch-israelische als auch der deutsch-russische Jugendaustausch deutlich, sind nicht die Grenzen Europas. Menschen streben aus ganz unterschiedlichen Gründen und Interessenslagen in unsere Breitengrade, und wir Deutschen suchen den Kontakt zu ihnen. Die europäische Dynamik zeigt sich gerade mit diesen beiden Austauschpartnern in einem ganz eigenen Licht.
(Jörg Wild für JUGEND für Europa)
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