09.02.2015
"Wacht auf! Seid kreativ! Tauscht euch aus!"
Konstantina Kontogianni ist Grundschullehrerin. Doch aufgrund der Krise in Griechenland fand sie keine Anstellung. Nun leitet sie in ihrer Heimatstadt Nafpaktos eine Jugendtheatergruppe. Das Engagement dort wurde zu ihrem Rettungsanker, sagt sie. Sie will in der kleinen griechischen Stadt die Bevölkerung mit Kunst und Kultur zu aktiven Bürgern machen.
JfE: Konstantina, vor zwei Jahren bist du zurück in deine Heimatstadt Nafpaktos gegangen. Seitdem arbeitest du daran, die Bevölkerung in deine Organisation einzubinden. Wie muss ich mir das vorstellen?
Kontogianni: Nafpaktos ist mit 20.000 Einwohnern eine relativ kleine Stadt. Als ich nach meinem Studium in Thessaloniki und Ioannina zurückgekommen bin, weil man mir einen Job als Englischlehrerin anbot, war ich zuerst geschockt, weil es so anders war als in der Großstadt. Mir erschienen die Menschen dort uninteressiert. Also habe ich mit sieben Freunden angefangen, ein Theater-Projekt aufzubauen, weil ich das schon an der Universität gemacht habe. Jetzt ist alles größer geworden und es gibt auch ein Musik-Team, eine Malgruppe und eine Tanzgruppe, die alle unabhängig voneinander arbeiten. Da sind Jugendliche und junge Menschen drin, die gemeinsam im Team arbeiten. Vor allem können sie selbst entscheiden, was sie machen wollen.
Und ihr arbeitet alle ehrenamtlich an dem Projekt mit?
Ich würde sagen, wir arbeiten nicht, wir beteiligen uns eher. Ein Kern von sechs Leuten organisiert die Aktivitäten. Ich war diejenige, die daran dachte, die Strukturen auch zu einem echten Team zusammenzuführen. Wenn jemand mitmachen will, ist er willkommen und wenn er wieder aufhören will, kann er das auch jederzeit. Eine Frau in Nafpaktos, die eine Sprachschule besitzt, hat uns einen Raum überlassen, um den wir uns kümmern, den wir aber nicht bezahlen müssen. Sie wollte unsere Idee unterstützen. Bis jetzt bezahlen wir alles, was wir machen aus unserem eigenen Portmonee, wie zum Beispiel eine Veranstaltung über Recycling bei uns vor Ort.
An eine andere Sache erinnere ich mich besonders gut: Wir luden alle Migranten aus Nafpaktos ein und sie kochten traditionelle Gerichte, die wir im Zentrum für alle zugänglich machten – wie bei einem riesengroßen interkulturellen Essen. Sehr viele Leute aus Nafpaktos kamen, probierten und kamen miteinander ins Gespräch.
Aber wenn du könntest, würdest du Nafpaktos verlassen?
Ja, in meinem jetzigen Job als Englischlehrerin in einer Grundschule verdiene ich sehr wenig. Ich habe überall nach Jobs gesucht und unzählige Bewerbungen geschrieben, auf die ich wegen der Krise keine Antworten bekommen habe. Wenn es einen Job woanders gibt für mich, dann bin ich weg – ich kann nicht über eine längere Zeit hier bleiben, auch wenn mir das Projekt sehr ans Herz gewachsen ist. Das Projekt würde aber auf jeden Fall auch weiter existieren. Es sieht aber auch nicht so aus, als ob die Situation am Arbeitsmarkt besser würde.
Momentan arbeitest du dich in Jugendbegegnungen ein. Was ist deine Motivation dahinter?
Wir haben schon Begegnungen mit Partnern aus Rumänien und Polen gemacht. Jedes Mal, wenn ich mit einer Gruppe im Ausland war, dachte ich: Das müssen wir auch in Nafpaktos machen! Unsere Botschaft ist: Trotz der Krise ist es toll, nach Griechenland zu gehen. Den Leuten in Nafpaktos wollen wir sagen: 'Wacht auf! Seid kreativ! Tauscht euch aus!'
Die Kinder in Nafpaktos haben wenig Möglichkeiten und die wollen wir mit Jugendbegegnungen verbessern. Aber auch, wenn sich nichts ändert durch unsere Organisation, ist das okay. Das war nicht mein Ziel, als ich angefangen habe. Ich musste für mich selbst etwas tun und aktiv werden.
Im BiTriMulti-Training hast du mit deiner Gruppe einen Jugendaustausch unter dem Motto "Ausdruck durch Kunst" geplant. Hat dir das geholfen für deine Arbeit?
Der Inhalt unserer simulierten Jugendbegegnung hat perfekt zu unserem Profil als Organisation gepasst. Um so ein Projekt real werden zu lassen, müssen wir aber gute Partner haben. Es ist entscheidend, dass man mit seinen Partnern sehr gut zusammen arbeiten kann, keine Kämpfe ausführen muss und die gleichen Werte teilt. Für mich war sehr gut, dass sich das Training an Anfänger richtete, alles andere hätte mich überfordert.
Was nimmst du mit für deine Arbeit nach Griechenland?
Meine Leute in Nafpaktos sind schon ganz aufgeregt auf das, was ich zu erzählen habe. Ich habe tolle Leute hier gefunden und bin ich jetzt gut vorbereitet. Wir hatten sehr gute Trainer, die uns ein tolles Feedback zu unseren Projektanträgen gegeben haben. Unsere Gruppe hat nämlich den großen Fehler gemacht, in den Anträgen oft in der Ich-Form zu schreiben und nie 'wir' zu sagen. Ich hatte schon im ersten Moment, das Gefühl, dass das nicht der richtige Weg sei.
(Das Interview führte Lisa Brüßler im Auftrag von JUGEND für Europa, Bild@Lisa Brüßler)
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Den Bericht über das Training "BiTriMulti" zur Vorbereitung und Antragstellung einer Jugendbegegnung im Rahmen von Erasmus+ können Sie hier nachlesen...
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