01.04.2015

"Medien spielen für Partizipation eine große Rolle"

Wie könnte ein Youth Take-Over Day aussehen? Wie sinnvoll ist es, dass ein Jugendlicher an einem Tag in die Rolle eines Entscheidungsträgers schlüpft und welche Hindernisse sind zu erwarten? Über diese Fragen sprachen wir mit Meike de Roest. Die 18-jährige Niederländerin arbeitet als Jugendberaterin für die "Youth Company" und hilft Jugendlichen dabei, Beteiligungsmöglichkeiten in ihren Kommunen zu finden.

JfE: Meike, der Youth Take-Over Day klingt ja erst mal ein bisschen abstrakt. Was kann mit so einem Projekt erreicht werden?

Meike de Roest: Ich hoffe, dass das eines Tages tatsächlich mal eine große Bewegung in Europa wird. Es wäre toll, wenn wir Jugendliche und Unternehmen bzw. Politiker zusammen zu einer gemeinsamen Projektarbeit bewegen könnten.

Wie könnte das konkret aussehen?

Ich denke, dass die Medien am Ende der Schlüssel zum Erfolg sind. Wir müssen uns Anwendungen und tools überlegen, die allen Teilnehmern gleichermaßen zur Verfügung stehen. Einen Hashtag haben wir ja schon, aber es geht um mehr als nur Soziale Medien. Videos könnten ein gutes Format sein, um die Inhalte einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.

In Bonn habt ihr in einem engen Zeitfenster an einem konkreten Vorschlag für die EU getüftelt. Wie hast Du die Zusammenarbeit empfunden?

Das war schon eine sehr intensive Atmosphäre. Jeder hat wirklich versucht, das Projekt so konkret wie möglich zu gestalten und sich nicht mit der erstbesten Formulierung zufrieden zu geben.

Einzig über die Zusammensetzung der Teilnehmer müsste man noch mal nachdenken. Ich hätte mir mehr jüngere Menschen in meinem Alter gewünscht und auch solche, die mit Partizipation noch nicht ganz so viel anfangen können. Denn genau diese Zielgruppe wollen wir ja erreichen. So aber müssen wir ein bisschen abstrakt darüber nachdenken, welche Bedürfnisse diese jungen Menschen überhaupt haben könnten.

In Großbritannien gab es bereits einen Take-Over Day. Was lässt sich aus den Erfahrungen dort lernen?

Wir müssen vor allem schauen, wie so ein Projekt nachhaltig gestaltet werden kann. Es geht nicht nur um den einen Tag. Es geht darum, wie sich Jugendliche und Entscheidungsträger so austauschen, dass beide Seiten auch davon profitieren – über den einzelnen Tag hinaus. Dafür müssen einfache, aber dennoch überzeugende Formate entwickelt werden.

Ideal wäre es, wenn durch den Take-Over Day gleich so viele neue Themen auf die Agenda kämen, dass beispielsweise ein Politiker sagt: 'Mensch, das hätte ich ja gar nicht gedacht. Das ist ja ein spannender Blick auf die Dinge. Wollen wir hier nicht weiter zusammenarbeiten?'

Wo siehst Du denn die größten Hindernisse bei einem solchen Projekt?

Mich beschäftigt vor allem das Thema 'Inklusion'. Wir müssen sicherstellen, dass nicht nur die ohnehin hochgebildeten und engagierten Jugendlichen am Take-Over Day beteiligt sind. Ziel muss es sein, junge Menschen mit ganz unterschiedlichem Bildungshintergrund für das Projekt zu gewinnen. Das kostet natürlich Zeit und viel Überzeugungsarbeit.

Auf wessen Schultern sollte die Projektarbeit liegen?

Da sind Institutionen und Jugendorganisationen bzw. die Jugendlichen selbst gleichermaßen gefordert. Wir wollen entsprechende Beteiligungs-Leitfäden erarbeiten und zur Verfügung stellen. Das ist schon eine gewaltige Herausforderung. Kultur, politisches System, Entscheidungsstrukturen – da gibt es viele Unterschiede in Europa.

Am Ende aber müsste ein Leitfaden entstehen, der von möglichst vielen Ländern Europas gemeinsam getragen werden kann. Der Erfolg des Projekts wird auch wesentlich davon abhängen, ob die teilnehmenden Institutionen (wie Parlamente, Verwaltungen, NGOs etc.) da mitziehen. Informationskampagnen kosten Geld und Zeit. Finanziell brauchen wir auf jeden Fall Unterstützung.

Und die EU selbst?

Die sollte voran gehen und den Tag genau festlegen. Ein fester Take-Over-Termin einmal im Jahr. Das hätte Signalwirkung und würde den Ländern klar machen: Für diesen Tag müssen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.                                                

Kann ein Jugendlicher denn überhaupt einen Entscheidungsträger ersetzen?

Für einen Tag kann ich mir das sehr gut vorstellen, vor allem, wenn es in der Tätigkeit auch Bezüge zum Thema Jugend gibt. Entscheidend ist doch, dass der Jugendliche richtig auf diesen Tag vorbereitet wird. Das wäre gelebte Partizipation. Und der Erwachsene stünde ihm auch am Tag selbst mit Rat und Tat zur Seite.

Ich würde mir jedenfalls wünschen, dass der Jugendliche tatsächlich Verantwortung übertragen bekommt und auch Entscheidungen treffen kann.

Was hätte der Entscheidungsträger selbst von solch einem Tag?

Man sollte die Ideenfrische von Jugendlichen nicht unterschätzen. In meiner Arbeit beim Jugendrat habe ich schon öfter festgestellt, wie festgefahren Erwachsene manchmal in ihren Strukturen sein können.

Jugendliche haben da meist einen ganz unbeschwerten Zugang und kommen gerne mit praktischen und kreativen Ideen. Eine Bereicherung für beide Seiten.

Ist ein Tag am Ende vielleicht sogar zu kurz?

Das glaube ich nicht. Im Gegenteil. Die Schwelle für einen Jugendlichen, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen, ist nicht zu hoch. Das ist gut so. Man geht als Jugendlicher keine längere Verpflichtung ein, kann aber einen sehr dynamischen Tag erleben. Im Idealfall ist man dann so angefixt, dass man noch viel mehr ausprobieren möchte. Und falls nicht, dann bleibt es eben bei der eintägigen Erfahrung. Die kann einem dann aber niemand mehr nehmen.

(Das Interview führte Marco Heuer für JUGEND für Europa)

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Zur Europäischen Jugendwoche 2015 (27.04. bis 10.05.) hat die EU-Kommission dazu aufgerufen, Idea Labs in allen europäischen Ländern zu organisieren. Junge Menschen sollen Ihre Idee entwicklen und mit maximal 300 Wörtern dafür werben.

Das deutsche Idea Lab beschäftigte sich mit der Frage, wie ein europaweiter "Youth-Take-Over-Day" aussehen könnte. Also, ein Tag, an dem Jugendliche in die Rolle von Entscheidungsträgern schlüpfen, um Partizipation einen sichtbaren Stellenwert zu geben

Ende April stellen sich die Ideen und damit auch der "Youth-Take-Over-Day" der europäischen Öffentlichkeit. Dann wird abgestimmt. 14 Tage lang präsentieren sich die Ergebnisse von über 30 Idea Labs auf dem Europäischen Jugendportal. Aus allen Idea Labs fährt in jedem Fall eine Person nach Brüssel und diskutiert die Vorschläge mit andere Jugendlichen und Politikern.

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