13.04.2015

EuroPeers – Europäisch wachsen

Robert France von der EU-Kommission schaut in den Saal. Und lächelt: “The guy with the tie is always from the commission”, stellt er nüchtern fest, ehe er seine Willkommensrede beginnt. Es ist der Auftakttag des ersten internationalen EuroPeer-Netzwerktreffens. In den nächsten drei Tagen werden hier in Berlin wichtige Weichen gelegt für die Etablierung dieses Projekts auf europäischer Ebene.

Für das Netzwerktreffen sind 60 EuroPeers aus neun Ländern nach Berlin gereist, dazu noch 15 Mitarbeiter/-innen aus Nationalagenturen sowie von Eurodesk. Drei Tage lang diskutieren sie darüber, wie sich das EuroPeer-Netzwerk weiterentwickeln soll und welche Projekte angestoßen werden können.

Dieses Engagement findet längst Beachtung bei der EU-Kommission. Und daher ist auch Robert France nach Berlin gekommen. Er betont, wie wichtig das EuroPeer-Projekt für den Jugendbereich innerhalb von Erasmus+ sei. Er betont auch, dass man auf den Erfahrungen verschiedener peer-to-peer-Projekte aufbauen könne, die in den vergangenen Jahren zum Beispiel in Deutschland, Polen, Estland entstanden seien. Aber jetzt bestünde die Möglichkeit, diese nationalen Projekte in ein starkes europäisches Netzwerk zusammenzuführen.

Entscheidend sei, dass die Nachhaltigkeit eines solchen Netzwerkes gesichert werde. Und er verspricht, dass die Kommission sich für eine europäische Koordinierung einsetzen werde.

Dies sei durchaus als Beginn eines längeren Prozesses zu verstehen. Am Ende aber könne als Vision stehen, einen EU-Kommissionspräsidenten zu haben, der einen EuroPeer-Hintergrund habe. Robert France grinst verschmitzt. Man muss ja Ziele formulieren.

Die große Vision und die kleinen Schritte

Das Schwierige mit einer Vision: Die vielen kleinen nächsten Schritte müssen gemacht werden, ohne das große Ganze aus den Augen zu verlieren. Oder wie Jonathan Bowyer als Facilitator die Aufgabe beschreibt: "Zwei Leute bearbeiten einen Stein und werden gefragt: ‚Was macht ihr da?‘ – Der eine antwortet nur: ‚Ich schlage auf einen Stein‘. Der andere sagt: ‚Ich baue eine Kathedrale‘."

Viel ist in den vergangenen Jahren passiert und viele Schritte sind gemacht. Bereits vor dem Start von Erasmus+ gab es einen Austausch zwischen einzelnen nationalen peer-to-peer-Projekten innerhalb von JUGEND IN AKTION. Mit dem Start von Erasmus+ haben sich 2014 Belgien (flämische Gemeinschaft), Deutschland, Estland, Norwegen, Österreich und Polen zusammengetan, um das EuroPeer-Projekt europäisch umzusetzen mit gemeinsamen internationalen Schulungen.

Nun sind in Berlin drei weitere Länder dabei: Bulgarien, Finnland und das Vereinigte Königreich. Sie wollen ebenfalls dem Netzwerk beitreten.

EuroPeer is sharing

Was macht das EuroPeer-Netzwerk so attraktiv? Heidi ist aus Finnland nach Berlin gereist. Ihren EFD hat sie in Deutschland gemacht und ist nun Pionierin: Sie ist der erste EuroPeer in Finnland. Hier in Berlin will sie EuroPeer-Luft schnuppern. Schauen, was als EuroPeer alles möglich ist.

Auch Hilde ist mit der Motivation aus Norwegen nach Berlin gereist, um voneinander zu lernen. Für Leon hat das Treffen darüber hinaus noch eine weitere Bedeutung: Angesichts der Krise in Europa und dem bröckelnden Zusammenhalt innerhalb der europäischen Gemeinschaft seien solche Treffen nötig, um sich besser kennenzulernen und besser zu verstehen. Diesen "european spirit" schätzt auch Pepijn aus Belgien an den EuroPeers.

Andrew Hadley aus London arbeitet für die Organisation "Monumentum World". Er hat 2013 das erste Mal von den EuroPeers gehört: Auf der Konferenz "Building Tomorrow’s Europe" in Bonn besuchte er eine Projekt-Präsentation und möchte jetzt – knapp zwei Jahre später – im Vereinigten Königreich ein EuroPeer-Netzwerk aufbauen.

Wie Heidi gehört auch Sabrina zu den allerersten EuroPeers überhaupt. Aber das war 2005, als sie das erste deutsche EuroPeer-Training im thüringischen Windischleuba besuchte. Mittlerweile teamt sie auf den internationalen Schulungen und bildet neue EuroPeers aus. "Unglaublich, was sich aus unserem kleinen Projekt entwickelt hat", staunt sie.

Die verschiedenen Ebenen eines Projektes

Das Netzwerktreffen muss unterschiedliche Erfahrungen und Erwartungen bündeln. Und so lautet eine Aufgabe an die Teilnehmer, eine gemeinsame Definition von EuroPeers zu entwickeln. Diese Definition soll die Grundlage bilden, auf der das Projekt in den einzelnen Ländern umgesetzt und auf europäische Ebene weiterentwickelt wird.

Klar, dass die Umsetzung in den einzelnen Ländern ganz unterschiedlich ist. Katrien van Belle arbeitet für JINT, die Nationale Agentur für Erasmus+ JUGEND IN AKTION in Belgien (flämische Gemeinschaft). Sie steht noch ganz am Anfang mit dem Projekt und organisiert Ende März ein erstes lokales Training, um ein flämisches Netzwerk aufzubauen.

In Estland, Österreich oder Norwegen sind die Herausforderungen ähnlich. Aus den ersten, bereits aktiven EuroPeers soll sich ein größeres nationales Netzwerk entwickeln. Mit all den Herausforderungen, die damit verbunden sind.

Das deutsche EuroPeer-Netzwerk ist das größte. In Deutschland existieren EuroPeers seit fast zehn Jahren. Groß ist auch hier der Wunsch nach besserer lokaler Vernetzung. Besonders wichtig ist dies für neue EuroPeers, die von den internationalen Schulungen kommen. Denn für sie ist es ansonsten schwer, aktiv zu werden.

Viele Fragen werden in den drei Tagen angesprochen und diskutiert. Wie lässt sich das EuroPeer-Projekt in den einzelnen Ländern (noch) besser verankern? Wie läuft die interne und externe Kommunikation? Welche Trainingsstrategien braucht das Projekt? Wie lässt sich die Anerkennung der EuroPeer-Aktivitäten verbessern? Welche Evaluationsinstrumente müssen entwickelt werden? Wie sieht die Zusammenarbeit mit Eurodesk aus? Welche EuroPeer-Projekte sind geplant?

Und so schwirren zahlreiche Erfahrungen, Meinungen und Antworten durch die Räume. Es wird zugehört, es werden Ideen geboren und Vorhaben geplant, wie das EuroPeer-Projekt auf allen Ebenen vorankommen kann.

Blick in die Zukunft

Bei so vielen Themen und Aufgaben besteht immer die Gefahr, dass an einem gewissen Punkt der Überblick verloren geht – und damit die Motivation. Nicht so hier in Berlin. Die gemeinsame Idee verbindet – wie das gemeinsame Ziel: Dieses Projekt muss weitergehen.

Am Schluss bittet Andrew Hadley alle um Hilfe: "Wir brauchen junge Leute wie euch, die die europäische Idee in der UK bewerben. Gerade jetzt mit all den Diskussionen, die wir auf der Insel haben. Helft uns mit, EuroPeers dort zu starten."

Sein emotionaler Appell trägt Früchte. 24 EuroPeers kommen zu seinem Anliegen und wollen sein Vorhaben unterstützen. Das EuroPeer-Netzwerk wird weiter wachsen. Das ist sicher.

(JUGEND für Europa / Bild: Beatriz Moya)

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Das europäische Netzwerktreffen wurde organisiert von JUGEND für Europa in Kooperation mit den Nationalen Agenturen aus Belgien (Flämische Gemeinschaft), Estland, Norwegen, Polen und Österreich.

Die europäischen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner aus den Nationalagenturen finden Sie hier: www.europeers.eu.

2016 findet das nächste europäische EuroPeer-Netzwerktreffen in Polen statt.

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