20.04.2015

"Wir sind diejenigen, die nicht genug davon haben"

Das EuroPeer-Projekt wird europäischer. Mittlerweile gibt es EuroPeers bereits in mehreren Ländern. Was macht das Netzwerk so attraktiv? EuroPeers berichten, warum sie sich engagieren, was sie miteinander verbindet und was für eine Vision sie für das Netzwerk haben. (Teil 2)

Paulina Jaskulska (Germany)

JfE: Paulina, was war deine lehrreichste europäische Erfahrung?

Paulina Jaskulska: Das war eine Auswertung, an der ich letztes Jahr teilgenommen habe. Ich war von meiner Aufnahmeorganisation eingeladen, über meine Kompetenzen zu sprechen, die ich durch meinen Europäischen Freiwilligendienst erlangt habe. Die interessierten Zuhörer waren Fachleute der Jugendarbeit aus Russland und Deutschland.

Ich erinnere mich sehr gut an diesen Tag und die Selbstanalyse, die ich für diese Gelegenheit vornahm. Es war insofern lehrreich, da ich durch diese Reflektion wirklich herausgefunden habe, was ich während meines EFDs gelernt habe. Ich habe es vor mir gesehen und gefühlt. Das Aufdecken dieser Gefühle und dieses Wissens hat im wahrhaftig meinen Körper und Geist durchströmt.

Welcher Moment war ein inspirierender oder wichtiger im Rahmen des EuroPeer-Netzwerktreffens für dich?

Der Workshop über das Erkennen und Anerkennen gelernter Fähigkeiten war ein inspirierender Moment für mich, da er mir gezeigt hat, wie wichtig diese Anerkennung in der non formalen Bildung für uns als EuroPeers und in der Jugendarbeit allgemein ist.

Es gibt verschiedene Wege, wie junge Menschen lernen und wie wir Bewusstsein schaffen können für das, was und wie sie lernen. Das alles beginnt auf der individuellen Ebene. Erst wenn die einzelne Person in der Lage ist, die eigenen Lernergebnisse zu erkennen, kann und wird die Sichtbarkeit dieser auch auf der formalen und politischen Ebene folgen.

Berhard Borg (Norwegen)

JfE: Bernhard, welcher Moment war ein inspirierender oder wichtiger im Rahmen des EuroPeer-Netzwerktreffens für dich?

Bernhard Borg: Hilda und ich sind die einzigen aktiven EuroPeers in Oslo und gingen bisher davon aus, dass diese Situation ist eine ganz spezifische ist. Hier haben wir bemerkt, dass diese Herausforderung keine spezifische ist.

Auf dem Netzwerktreffen hatten wir die Möglichkeit, mit verschiedenen EuroPeers aus Deutschland und anderen Ländern zu sprechen. So haben wir bemerkt, dass auch andere EuroPeers gibt - zum Beispiel in Stuttgart - die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind. Wir haben gemeinsame Hürden zu überwinden, so dass wir zusammenkommen können, um zu diskutieren und gemeinsame Lösungen zu finden. Und das ist ein gutes Gefühl.

Was macht das EuroPeer Netzwerk attraktiv für dich?

Ich nehme dieses Netzwerk als sehr positive Sache wahr. Es sind schwierige Zeiten, wenn wir an die Kriege in Syrien und die Ukraine denken. Wenn man zu solchen Begegnungen kommt, fühlt man eine Art positive Energie.

Wir alle hier profitieren von dem Programm Erasmus+ JUGEND IN AKTION. Teil des EuroPeer-Netzwerkes zu sein, bietet uns die Chance, etwas zurückzugeben und etwas beizutragen, dass diese positiven Möglichkeiten weiter bestehen und sich weiter entwickeln. Meines Erachtens ist es wichtig, dass es Leute gibt, die von den Möglichkeiten berichten und sie weitertragen.

Was fehlt dem EuroPeer-Netzwerk noch?

Wir sind nur zwei Leute in Oslo und sind daher ziemlich limitiert. Nun überlegen wir mit der norwegischen Organisation der Ex-Freiwilligen zu kooperieren. Ich habe mit der National Agentur gesprochen, die mir den Hinweis gab, das EuroPeer-Projekt doch mal der Ex-Freiwilligen Organisation vorzustellen, so dass sie eine Idee davon bekommen können, was genau wir machen. So könnten wir in Zukunft vielleicht gemeinsame Projekte im Rahmen der EuroPeers durchführen.

Das ist eine recht kreative Lösung für Hilda und mich, um die Zahl der aktiven jungen Menschen in Oslo zu erhöhen. Das ist auf jeden Fall möglich.

Welche konkreten Pläne hast du als EuroPeer dieses Jahr?

Ich habe bis vor kurzem in einem Vollzeitjob gearbeitet. Zur Zeit arbeite ich nur Teilzeit und kann mich daher mehr den Aktivitäten als EuroPeer, also europäischen Angelegenheiten widmen, in denen ich in Zukunft sehr gern arbeiten würde.

Zumindest jetzt gerade bin ich glücklich, dass ich die Möglichkeit habe, dies auf der freiwilligen Ebene zu machen, dafür bin ich sehr dankbar. Dem möchte ich mich gern auch in Zukunft weiterhin widmen. Außerdem sehe ich die Chance zusammen mit der norwegischen Organisation der Ex-Freiwilligen aktiv zu sein.

Und nach dem Netzwerktreffen werde ich gemeinsam mit jemanden von der norwegischen Nationalagentur in den Norden von Norwegen reisen, um drei verschiedene Schulen zu besuchen. Es handelt sich bei diesen Schulen um Bildungseinrichtungen für Jugendliche, die arbeitslos sind. Ich persönlich glaube sehr daran, dass diese jungen Menschen potentiell diejenigen sind, die einen Europäischen Freiwilligendienst (EFD) machen.

Ich erinnere mich, dass mein EFD-Projekt eine unglaubliche Erfahrung war. Ich hatte großes Glück! Ich hoffe bei unserem Besuch dieser Schulen findet sich auch wenigstens eine Person, die interessiert ist, einen EFD zu machen.

An welchen Punkten muss Europa noch arbeiten?

Europa hat bereits viel gefördert und das Potential, um ein wunderbares gemeinsames Projekt und gemeinsame Gesellschaft zu schaffen. Aber gleichzeitig ist dieses Potential noch nicht ausgeschöpft. Viele junge Menschen sind arbeitslos. Für diese Problematik habe ich keine Lösung, aber es gibt den Bedarf, daran weiter zu arbeiten.

Ich war vor einigen Wochen auf einem Trainingskurs in Südspanien, wo wir ein Dorf besucht haben, das zehn Minuten vom Veranstaltungsort entfernt liegt, und auf eine 'kommunistische' Weise organisiert ist. Das ist für mich einerseits recht herausfordernd zu akzeptieren, andererseits aber sehr interessant. Wie sie eine landwirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Gemeinschaft entwickeln, die der Erwirtschaftung von Profit eine Auseinandersetzung zum Gebrauch des Bodens, der Landwirtschaft und der Umwelt voranstellen, scheint mir als Lösung für einige Orte zu funktionieren.

Ivan Nizovtsev (Deutschland)

JfE: Ivan, was war deine lehrreichste europäische Erfahrung?

Ivan Nizovtsev: Das war mein On-Arrival-Training während meines Europäischen Freiwilligendienstes. Ich habe dort zum ersten Mal erlebt, wie vielfältig Europa ist. Wir waren in etwa 30 Leute aus den verschiedensten Ländern Europas. Dort habe ich zum ersten Mal ein Art 'European Feeling' bekommen.

Was gibt es für Menschen in Europa? Und zum Beispiel auch: welche unterschiedlichen Bildungssysteme existieren in den einzelnen Ländern? Oder: Wer sind die Spanier oder Leute aus dem Norden? Ich wusste das einfach nicht. Ich hatte nur gehört, dass es Länder gibt, aber ich wusste nicht, wer genau die Menschen sind, die dort leben.

Das war eine unglaubliche Erfahrung für mich: Zehn Tage mit diesen Menschen, du sprichst alle möglichen Sprache, du kannst von dir selbst erzählen, du kannst die anderen fragen, wie es bei ihnen ist. Ich fand das großartig, das war die beste Zeit von meinem ganzen EVS-Projekt. Ich bin noch immer mit vielen dieser Leute in Kontakt und habe einige später auch wiedergesehen.

Was glaubst du, was die EuroPeers verbindet?

Wir sind die Menschen mit bestimmten Erfahrungen, wir haben schon etwas erlebt, zum Beispiel im EVS oder in anderen Projekten. Ich glaube, wir sind diejenigen, die nicht genug davon haben. Wir wollen mehr und immer mehr und mehr. Wir wollen dabei bleiben und etwas vorantreiben.

(Die Interviews führte Sabrina Apitz im Auftrag für JUGEND für Europa / Foto: Beatriz Moya)

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