03.03.2016

Ganz schön SCHLAU!

Eine Strategische Partnerschaft zwischen Nürnberg, Glasgow und RCE Rhine-Meuse zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit

"Arbeitslosigkeit", schreibt der britische Politiker Ed Milliband, "ist schmerzlich, Jugendarbeitslosigkeit unerträglich." In allen europäischen Ländern steht die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit oben auf der Agenda politischer Maßnahmen, wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg. Viel zu komplex und auch kompliziert sind die unterschiedlichen Zuständigkeiten im Übergangsystem Schule – Beruf.

Drei Partner aus Nürnberg, Glasgow und Maastricht haben sich mit einer Strategischen Partnerschaft im Rahmen von ERASMUS+ JUGEND IN AKTION vorgenommen, die zentralen Elemente für den gelingenden Übergang von der Schule in den Beruf zu identifizieren und weiterzuentwickeln.

Sie alle arbeiten bei lokalen oder regionalen Stellen, die neben einer individuellen Begleitung betroffener Jugendlicher dauerhafte, vernetzte Strukturen für die passgenaue Beratung und Vermittlung aufbauen und so Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten, Arbeitsangebote und sozialpädagogischer Förderung koordinieren wollen.

In dem dreijährigen Projekt „Act for Career“ haben sie sich drei Themenbereiche vorgenommen:

  1. die Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen und schulbegleitendes, außerschulisches Übergangsmanagement (mit Bezug auf die EU-Jugendstrategie),
  2. berufliche Bildung (mit Bezug auf den EFQ) sowie
  3. Bildungsteuerung der beruflichen Bildung auf kommunaler/regionaler Ebene (mit Bezug auf die EU-Strategie 2020).

Ähnliche Herausforderungen – gemeinsame Ziele

Die Zusammensetzung der Partnerschaft sei wohl überlegt, erzählt Dr. Hans-Dieter Metzger, Leiter der "Koordinierungsstelle SCHLAU" bei der Stadt Nürnberg. Besonders Glasgow, aber auch Maastricht und Nürnberg seien Kommunen im Strukturwandel. Auch wenn dieser zum Teil bewältigt sei, sei in allen Städten die Zahl der Jugendlichen, die weder in Ausbildung noch in Arbeit seien, nach wie vor hoch. Alle drei Städte haben unterschiedliche Strategien zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ent­wickelt. So haben alle Partner einen ähnlichen Hintergrund. Darüber hinaus müssen sie so aufgestellt und vernetzt sein, dass sie strukturelle Änderungen befördern können, denn das ist ein Ziel der Partnerschaft.

Das Paradebeispiel dafür ist der federführende Partner, die Nürnberger Initiative SCHLAU. Sie ist bereits ein Kooperationsmodell in sich. Das Angebot geht zurück auf eine Initiative des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und der Stadt Nürnberg. Inzwischen wird sie als ein Projekt der erweiterten vertieften Berufsorientierung (evBO) von der Arbeitsagentur, dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus sowie der Stadt Nürnberg gemeinsam finanziert.

Die Besonderheit: SCHLAU ist, gefördert über die Agentur für Arbeit in Nürnberg und dem Europäischen Sozialfond in Bayern, seit 2012 auch ein Angebot für Schülerinnen und Schüler der Real- und Wirtschaftsschulen in Nürnberg. Die Abteilung "SCHLAU-Übergangsmanagement" ist im Amt für Berufliche Schulen Stadt Nürnberg angesiedelt.

Besser und effektiver werden

Für Lesley Atkins, Partnerin aus Glasgow, ist das erste Jahr der Partnerschaft zentral, um die Arbeitsbereiche der anderen, die Bildungssysteme und die nationalen Beschäftigungsstrategien für Jugendliche "aus erster Hand" kennenzulernen. "Nur dann können Teams zusammen an Änderungen und Innovationen arbeiten, die kongruent sind und die die Wirkungen des Projektplans absichern", sagt sie.

Hans-Dieter Metzger formuliert den Anspruch der Partnerschaft für das erste Thema so: "Wo haben wir trotz unterschiedlicher Gesetzeslagen in den Schulsystemen gemeinsame Probleme und vielleicht auch konvergierende Ansätze, die wir in ihrer Dynamik verstärken können?"

Lesley Atkins betont, dass das Projekt damit einer Priorität der Leitaktion 2 folgt, nämlich Partnerschaften zwischen Bildungs- und Beschäftigungsbereichen zu entwickeln. Sie will als Partnerschaftsprodukt ein Modell für den Übergang von der Schule in Beschäftigung, auf das auf der gemeinsamen, transnationalen Expertise basiert. "Dieses Modell soll besser und effektiver sein als die nationalen, die es vor der Partnerschaft gab."

So informierten sich die Partner in Glasgow über das Berufsorientierungskonzept der Lochend Community High-School, über die umfassenden berufsbildenden Angebote des Glasgow Kelvin College sowie das außerschulische Projekt "Learning Center" im Celtic Fußball Stadion.

In Nürnberg präsentierten Auszubildende für den Beruf Verwaltungsfachangestellte(r) in perfektem Englisch, wie Mittelschülerinnen und -schüler auf die Berufswahl vorbereitet und im Bewerbungsprozess erfolgreich begleitet werden.

In Maastricht zeigten Schülerinnen und Schüler des Bonnefanten College ihre in die "Career Education" eingebetteten Umweltprojekte und die Sekundarschule Terra Nigra legte dar, wie sie die Berufsorientierung von jungen Menschen mit Startschwierigkeit erfolgreich fördert.

Internationalisierung des Übergangssystems

Aber es gehe, so Metzger, primär nicht um den Austausch gelungener Modelle, sondern darum, die bestehenden Systeme durch die europäische Zusammenarbeit anzureichern. So wollen die Partner über Projekte im Rahmen der Leitaktion 1 von ERASMUS+ JUGEND IN AKTION denjenigen Jugendlichen in Schul- und Berufsausbildung internationale Erfahrungen ermöglichen, die üblicherweise nicht an entsprechenden Maßnahmen teilnehmen. Hier kann das Projekt schon jetzt Erfolge verbuchen.

"Es gibt die Kooperation einer Nürnberger Berufsfachschule für Modisten oder Modeschneider mit Glasgow. Dieses Projekt wird jetzt ausgeweitet für Friseure, um eine Art 'Modetransfer' herzustellen. Gerade bei den Friseuren, aber auch bei den Modisten sind junge Menschen dabei, für die ein solcher Austausch ein großer persönlicher Gewinn ist, den sie anders nicht haben könnten."

Angebahnt ist auch eine Zusammenarbeit von Terra Nigra, Maastricht, und den Klassen für Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag bzw. im Berufsvorbereitungsjahr an der Nürnberger Berufsschule 6.

Das Besondere an diesen Kooperationen ist ihre strukturelle Einbindung. Bisher sind Austauschmaßnahmen den einzelnen Schulen überlassen. "Wenn diese Projekte im Rahmen von Partnerschaften eingebunden werden", meint Hans-Dieter Metzger, "gibt es Ansprechpartner, die Knowhow mitbringen, bei Schwierigkeiten helfen und andere Partner einbringen können." In Nürnberg wurde dafür neben SCHLAU auch das Amt für internationale Beziehungen eingespannt. Außerdem wurde für das städtische Lehrer-Fortbildungsinstitut eine Veranstaltung zum Thema "Internationale Jugend- und Bildungsarbeit" ausgerichtet.

Hier warb auch Partnerin Lesley Atkins für Auslandserfahrungen, vor allem für Jugendliche, die vom Elternhaus aus nicht unterstützt werden, solche Austauschmaßnahmen mitzumachen.

Mobilität bringt Perspektivwechsel

Partnerin Lesley Atkins ist "international education officer" der City of Glasgow, bei ihr laufen die internationalen Bildungsprojekte der Stadt zusammen. Hans-Dieter Metzger träumt davon, am Ende des Prozesses so eine Stelle auch in Nürnberg installieren zu können. Ein "tragfähiges Netz von Schulkooperationen, das ein Zusammenwirken von Nürnberger, Glasgower und Maastrichter Schulen über den Zeitraum des Projekts hinaus erfolgreich macht", schwebt ihm vor.

Er denkt dabei auch an die zunehmende Internationalisierung unter den Jugendlichen. In Nürnberg haben 60% der unter 3-Jährigen einen Migrationshintergrund. Und rund 200 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gehen schon jetzt pro Jahr aus Nürnberger Berufsschulen ab. "Mir ist da noch einmal klar geworden, dass das Thema Mobilität mindestens zwei Seiten hat, und dass wir, wenn wir hinausgehen, aufnahmebereiter werden und ein besseres Verständnis entwickeln können für die Menschen, die zu uns kommen." So ändern sich durch das Projekt auch für ihn "die Perspektiven, auch auf die eigene Arbeit."

Zurzeit ist die Partnerschaft schon bei Thema Zwei angelangt und tauscht sich über die verschiedenen Berufsbildungssysteme und deren Tücken für benachteilige Jugendliche aus. Fünf Partner-Workshops in Glasgow, Maastricht und Nürnberg hat es bereits gegeben, der sechste, dieses Mal wieder in Glasgow, steht im März bevor. 2017 sind an den drei Orten größere Abschlusskonferenzen geplant. Hans-Dieter Metzger und seine Projektpartner werden noch viele Gelegenheiten haben, ihre Perspektiven zu ändern.

(Dr. Helle Becker für JUGEND für Europa)

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Weiterführende Informationen

Mehr zur Arbeit der Koordinierungsstelle SCHLAU in Nürnberg erfahren Sie hier...

Alle Informationen, wie Strategische Partnerschaften im EU-Programm Erasmus+ JUGEND IN AKTION gefördert werden können, erhalten Sie auf unserer Internetseite www.jugend-in-aktion.de.

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