07.10.2019
"Maul aufmachen und sich nicht nur auf andere verlassen" – Ein Fazit vom Berliner jugendFORUM
Der Umgang mit der AfD und das jugendliche Engagement für eine nachhaltige Klimapolitik – dies waren die Themen, die die Teilnehmenden auf dem Berliner jugendFORUM 2019 wohl am meisten umgetrieben haben. Dazu führten sie kontroverse Diskussionen. Einig waren sie sich darin, dass die vermehrte Bereitschaft Jugendlicher, sich für ihre Meinungen und Wünsche auch öffentlich einzusetzen, ein Schritt in die richtige Richtung sei.
Am 30. September fand das Berliner jugendFORUM 19 im Jugendkulturzentrum Pumpe statt. 400 Jugendliche diskutierten hier Themen, die sie vorab selbst bestimmt hatten mit Politikerinnen und Politikern die sie selbst eingeladen hatten. Überhaupt – das Berliner jugendFORUM ist kein Format, bei dem Jugendliche nur teilnehmen.
Von der Themenwahl über die Veranstaltungsorganisation und -durchführung, die Moderation der Diskussionsveranstaltungen hin zu künstlerischen Acts und zur Pressearbeit – die Jugendlichen bestimmten alles maßgeblich selbst und waren Hauptakteure. Die Veranstaltung wurde unter anderem gefördert über Erasmus+ JUGEND IN AKTION im Rahmen der Leitaktion 3 – EU-Jugenddialog.
Die Diskussionsveranstaltungen drehten sich um die Themen Schulpolitik, Klimapolitik, Hate Speech und das Grundgesetz; es gab Aktionsstände, auf denen sich Initiativen und Vereine wie die BUND jugend Berlin, das Europäische Jugendparlament oder die Berliner Landeszentrale für politische Bildung mit kreativen Aktionen vorstellten.
Daneben gab es künstlerische Performances und Workshops; außerdem dabei: Speeddatings mit Politikerinnen und Politikern – darunter mit der Senatorin für Bildung, Jugend und Familie in Berlin Sandra Scheeres (SPD) sowie mit dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses Berlin Ralf Wieland (SPD). Beim jugendFORUM fand Jugendbeteiligung nicht nur inhaltlich statt, sondern war Prämisse für die gesamte Veranstaltung.
Umgang mit der AfD
So auch dort, wo es um die Entscheidung ging, ob neben Vertreterinnen und Vertretern von SPD, CDU, FDP, LINKER und Bündnis 90/Grünen auch jene von der AfD zum jugendFORUM eingeladen werden sollten. "Alle Berliner Jugendlichen bis 27 Jahre sind im Vorfeld der Veranstaltung eingeladen, an den Stammtischen zur Planung teilzunehmen", erklärte Roman Fröhlich, pädagogischer Leiter bei der Stiftung wannseeFORUM und mitverantwortlich für das jugendFORUM.
"Bei diesen Stammtischen gab es lebhafte Diskussionen darum, ob die AfD Diskussionspartner sein kann", so Fröhlich weiter. Von der Community wurde die klare Entscheidung getroffen, die AfD nicht einzuladen. "Die haben wir uns aber keineswegs leicht gemacht", so Fröhlich. Ein ausführliches Statement zur Entscheidung findet man hier (externer Link auf die Seite des Jugendforums).
Das Thema zog sich auch durch die Veranstaltung selbst. "Wir gehören hier auf der Veranstaltung alle dem gleichen Meinungsspektrum an", so eine Teilnehmerin der Diskussionsveranstaltung #InGuterVerfassung. "Wir sind uns einig, dass die AfD eine rechtspopulistische, antidemokratische Partei ist, wir reden hier aber immer nur über sie, ohne sie einzubeziehen. Für mich sieht eine plurale Gesellschaft anders aus."
Dem entgegnete Leon, ein weiterer Teilnehmer der Diskussion: "Ich sehe die Gefahr, dass Vertreterinnen und Vertreter der AfD auf einer solchen Veranstaltung vielleicht auch Jugendliche für sich und ihre Ideologie gewinnen könnten, so dass es gut ist, dass sie nicht dabei sind."
Caroline Morfeld vom Verein Kleiner Fünf entgegnete dem: "Eine Situation wie diese, dass eine rechtspopulistische Partei eine solche Zustimmung erfährt, hatten wir bisher noch nicht. Die AfD stellt eine gute Prüfung für unser Grundgesetz und Demokratie dar. Geben beide uns genügend Rückhalt, um dieser Partei etwas entgegenzusetzen?"
Benedikt Lux, Rechtsanwalt, Strafverteidiger, Bündnis 90/Grünen-Politiker und Mitglied des Abgeordnetenhauses Berlin fand das schon: "Unser Grundgesetz ist in guter Verfassung, nur steht unsere Gesellschaft vor krassen Herausforderungen. Wir müssen uns mehr einbringen, das Maul aufmachen und uns nicht mehr nur auf andere verlassen. Und das passiert zum Beispiel bei Fridays for Future (FFF), eine Entwicklung, die ich sehr begrüße."
Schulpflicht vs. Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit
Womit ein weiteres Kernthema des Berliner jugendFORUMS angesprochen wurde. Ein Großteil der anwesenden Jugendlichen hatte, nach eigenen Angaben, bereits an den Demonstrationen von Fridays for Future teilgenommen. Die Reaktion der Politik auf das "Schuleschwänzen" zum Streik für eine bessere Klimapolitik war in den verschiedenen Regionen Deutschlands unterschiedlich ausgefallen. Ähnlich kontrovers gestalteten sich die Diskussionen auf dem jugendFORUM. "Themen wie Fridays for Future haben Priorität vor der Schulpflicht", so Hannah in der Diskussionsrunde #WeLoveTheEarth. "Am besten, die Lehrerinnen und Lehrer gingen mit auf die Demonstrationen", fügte sie an.
Neben dem öffentlichen Einstehen für die eigenen Anliegen und Meinungen war den Teilnehmenden des jugendFORUMS vor allem eines wichtig: "Politische Entscheidungen müssen nachvollziehbar und transparent sein", fasste es Hannah zusammen. "Ich muss mich unkompliziert und umfassend informieren können darüber, was auf der politischen Ebene passiert. Nur so kann ich eine gute politische und individuelle Entscheidung treffen und mich gesellschaftlich einbringen."
(Babette Pohle im Auftrag von JUGEND für Europa)
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Weiterführende Informationen
Das Berliner jugendFORUM 19 wurde organisiert von der Stiftung wannseeFORUM. Es wurde finanziert von der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, dem Jugenddemokratiefonds Berlin, der Berliner Landeszentrale für Politische Bildung sowie Erasmus+ JUGEND IN AKTION.
Link: Hier gelangen Sie zur Veranstaltungsseite des Berliner jugendFORUM
Link: Alle Förderinformationen zur Leitaktion 3 - Projekte des EU-Jugenddialogs finden Sie auf unserer Programmseite zu Erasmus+ JUGEND IN AKTION.
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