23.04.2020
Solidarität hat viele Gesichter und eine Basis
Solidarität ist das zentrale Beweggrund für das Europäischen Solidaritätskorps (ESK). Doch was genau sich hinter dem Begriff verbirgt, ist nicht direkt offensichtlich. Der neue Bericht "4Thought for Solidarity" widmet sich diesem Thema und erläutert, wieso es nicht nur eine Definition von Solidarität gibt und wie trotzdem ein gemeinsames Verständnis geschaffen werden konnte.
Eines wird im Bericht "4Thought for Solidarity" sofort deutlich: Eine universell gültige, allumfassende Definition von "Solidarität" gibt es nicht. Der Begriff wird von unterschiedlichen Menschen auch unterschiedlich definiert, je nachdem welchen sozialen Hintergrund sie haben, wie alt sie sind oder in welcher beruflichen Position sie sich befinden. Was jedoch möglich erscheint, ist eine gemeinsame Basis zu finden, mit der sich die allermeisten identifizieren können. Und darauf zielt der neue Bericht ab.
Der Titel "4Thought" wurde gewählt, da er sich einerseits auf das Konzept des Vordenkens bezieht (Englisch: forethought), was soviel bedeutet wie Denken im Voraus, bevor konkrete (politische) Entscheidungen getroffen werden. Anderseits steht er auch für die vier Perspektiven, aus denen in der Studie der Begriff Solidarität betrachtet wird: Forschung, Praxis, Politik und junge Menschen.
Ablauf der Studie
Die Autoren haben für ihre Forschungen Dokumente und Veröffentlichungen zum Thema gesichtet und unabhängig davon selbst Untersuchungen durchgeführt. Dazu wurden die vier Zielgruppen:
- junge Menschen,
- Praktiker,
- politische Entscheidungsträger und
- Forscher
online umfangreich zu Solidarität befragt. Zusätzlich wurde eine Übersicht von Beispielen guter Praxis im Zusammenhang mit Solidarität zusammengestellt.
Mit dieser Vorgehensweise will 4Thought einen strategischen Impuls für die zukünftige politische Wirkung des ESK anregen, aber auch praktische Anleitungen für die Umsetzung von Solidaritätsaktionen in verschiedenen, meist jugendlichen Arbeitskontexten geben.
Zentrale Ergebnisse
Neben der bereits erwähnten Erkenntnis, dass keine einheitliche Definition gefunden werden konnte, stellt der Bericht fest, dass es vier zentrale Aspekte von Solidarität gibt, mit denen sich die meisten identifizieren können.
Diese sind:
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Empathie: Es geht darum, andere zu verstehen und mit ihnen zu fühlen. Zu erkennen, dass jemand in Not ist, das Gefühl der Ungerechtigkeit zu teilen und zum Handeln motiviert zu sein.
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Menschenrechte: Menschenrechte sind die grundlegenden Rechte und Freiheiten, die jedem Menschen auf der Welt von der Geburt bis zum Tod zustehen. Der ständige Kampf für gleiche Rechte für alle ist ein wesentlicher Akt der Solidarität.
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Aktive Bürgerschaft: Es geht darum, etwas zu tun, Stellung zu beziehen und positiven sozialen Wandel zu beeinflussen. Aktive Bürgerschaft impliziert, dass "ich Stellung nehme und handle", anstatt ein passiver Beobachter und Empfänger dessen zu sein, "was mir serviert wird.“
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Inklusion: Inklusion ist ein langfristiger Prozess, der als solcher eine Geisteshaltung der Solidarität erfordert, die nicht nur mit einmaligen Ereignissen und kurzfristigen Aktionen verbunden ist. Solidarität muss darauf abzielen, Systeme, Strukturen, Politik und Einstellungen zu verändern, um weiter darüber nachzudenken, wie Menschen die Möglichkeit haben, einbezogen zu werden.
Was bedeutet die Studie nun konkret für das ESK? 4Thought for Solidarity zeigt, dass der europäische Kontext ein wichtiges Pflaster für Solidarität ist. Solidarität muss von der lokalen bis zur europäischen Ebene präsent sein, so wie es das ESK in seinen Projekten widerspiegelt. Bestehende Grenzen der Solidarität innerhalb von Ländern und geschlossenen Gruppen sollten abgebaut werden. Der Schwerpunkt muss darauf liegen, die europäische Solidarität zu stärken und über sie hinauszugehen.
"Solidarität in Europa auf die Tagesordnung zu setzen, ist eine besondere Gelegenheit und eine seltene Chance. Jugendarbeit kann mit ihren Werten, ihrer Erfahrung und ihrem Enthusiasmus zur Solidarität beitragen. Alle, die in der internationalen Jugendarbeit tätig sind, sollten diesen Schwung nutzen und dafür sorgen, dass wir jetzt und in Zukunft solidarisch handeln", so der Bericht.
(JUGEND für Europa)
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Weiterführende Informationen
4 Thougt for Solidarity ist ein Bericht des European Solidarity Corps Resource Centre mit Sitz in Wien. Die Aufgabe des Resource Centers besteht darin, das Netzwerk der Nationalen Agenturen, SALTOs, der Kommission und der Empfänger bei der Umsetzung des Europäischen Solidaritätskorps zu unterstützen. Neben der Organisation von Fortbildungskursen, Studienbesuchen oder Foren entwickelt und dokumentiert es Ausbildungsmethoden und -instrumente im Zusammenhang mit den vom ESK unterstützten Aktivitäten.
Link: Hier gibt es 4Thoughts for Solidarity zum Downloaden und Nachlesen.