26.04.2022

Empfehlung des Rates über die Mobilität junger Freiwilliger in der Europäischen Union

Der Europäische Rat hat eine Empfehlung über die Mobilität junger Freiwilliger innerhalb der Europäischen Union angenommen. Ihr Schwerpunkt liegt auf jungen Menschen mit geringeren Chancen. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, für diese jungen Menschen zugängliche Informationen und gezielte Sensibilisierungsmaßnahmen zu Freiwilligentätigkeiten in der EU anzubieten. Eine fachliche Einschätzung von JUGEND für Europa.

Die Empfehlung über die Mobilität junger Freiwilliger in der Europäischen Union wurde am 5. April 2022 vom Europäischen Rat angenommen. Sie aktualisiert die Ratsempfehlung vom 20. November 2008 mit dem gleichen Titel. Wesentliche Entwicklungen und Schwerpunktsetzungen im Freiwilligenbereich und in der europäischen Jugendpolitik insgesamt wurden in die aktualisierte Ratsempfehlung aufgenommen bzw. dort berücksichtigt.

Wesentliche Entwicklungen machten Aktualisierung erforderlich

Der Verabschiedung des Dokuments ging in den letzten Jahren ein Prozess der Evaluation und Beratung unter Einbeziehung von Expert*innen und jugendpolitischen Stakeholdern voraus.

Dabei wurden folgende Entwicklungen identifiziert, die eine Aktualisierung der Ratsempfehlung erforderlich machten und in unterschiedlicher Gewichtung Eingang in die Erneuerung der Ratsempfehlung fanden:

  • Einführung des Europäischen Solidaritätskorps (ESK) im Jahr 2018
  • Höhere Priorität von Inklusion in der europäischen Jugendpolitik und verstärkter Fokus auf Barrieren und Zugängen zum Freiwilligendienst für junge Menschen mit geringeren Chancen
  • Europaweite Zunahme an lokalen, regionalen, nationalen, transnationalen (teils auch kommerziellen) Angeboten und Programmen im Bereich Freiwilligendienst und damit zusammenhängende Fragen der Qualität, Qualitätsstandards sowie Komplementarität der verschiedenen Freiwilligendienstprogramme und Umsetzungsebenen
  • Coronavirus-Pandemie und Aspekte der Sicherheit und Gesundheit von Freiwilligen
  • Neue Formate von Freiwilligendienst, z. B. unter Einsatz digitaler Elemente; intergenerationeller Freiwilligendienst
  • Entwicklungen hinsichtlich der Anerkennung non-formaler und informeller Lernerfahrungen und Kompetenzen
  • Stark gestiegenes Bewusstsein für nachhaltiges Handeln und umweltschonende Mobilität sowie Klimaschutz

Erneuerte Ratsempfehlung trägt zur Positionierung von Freiwilligenarbeit bei

Die nun veröffentlichte Ratsempfehlung setzt klare Ziele und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für die EU-Mitgliedstaaten zur Entwicklung transnationaler Freiwilligenarbeit in den nächsten Jahren. Dabei bestehen starke Bezüge zur EU-Jugendstrategie (2019-2027) und insbesondere zu deren Teilbereich "Begegnen”. So kann die Ratsempfehlung als wesentlicher Baustein der Umsetzung folgender Ziele der EU-Jugendstrategie betrachtet werden:

  • Abbau von Zugangsbarrieren und Hindernissen für grenzüberschreitende Mobilität für alle jungen Menschen und Jugendarbeiter*innen
  • Unterstützung des solidarischen Engagements junger Menschen und Herstellung von Komplementarität zwischen europäischen, nationalen, lokalen und regionalen Förderformaten
  • Verbreitung von Praxisbeispielen und Anerkennung von Kompetenzen und Fähigkeiten, die im Rahmen von freiwilligem Engagement entwickelt wurden

Der Abbau weiterer administrativer Hürden (etwa Komplikationen bei der Visaerstellung, sowie Fragen der Sozialversicherung und Vielfalt des rechtlichen Status, den Freiwillige in verschiedenen Mitgliedstaaten innehaben) sind zudem einige der relevanten Punkte, die aus der Ratsempfehlung von 2008 wieder aufgenommen wurden.

Zur weiteren Qualitätsentwicklung im Freiwilligenbereich müsse laut der Ratsempfehlung die Förderung eines verstärkten Kapazitätsaufbaus von Strukturen und Organisationen im Freiwilligensektor eine gewichtige Rolle bekommen. Das Arbeitsfeld der Jugendarbeit als bedeutsamer Akteur und Anbieter von Freiwilligendienstmöglichkeiten habe in der Qualitätsentwicklung hier zudem eine Schlüsselrolle und trage so auch zur Umsetzung der European Youth Work Agenda bei.

Auf nationaler Ebene existieren insbesondere in Deutschland mehrere sehr gut genutzte Freiwilligendienstprogramme mit globaler, europäischer, bilateraler und nationaler Reichweite parallel nebeneinander. Hier gibt es Potenzial, Synergien herzustellen, z. B. in Sachen Qualitätssicherung und Komplementarität. Fragen der Sozialversicherung und verschiedenen Rechtsstellung der Freiwilligendienstprogramme in Sachen gesetzlicher Regelung schließen sich hier an.

Ratsempfehlung wirkt auf Umsetzung des Europäischen Solidaritätskorps

2018 wurde das Europäische Solidaritätskorps als eigenständiges EU-Programm ins Leben gerufen. Die EU-Ratsempfehlung zur Mobilität junger Freiwilliger übernimmt die Definition von Freiwilligentätigkeiten als "solidarische Aktivitäten" direkt aus der Verordnung zur Aufstellung des Europäischen Solidaritätskorps und weist auch sonst starke Bezüge zum EU-Programm auf. Die Rolle des ESK als Umsetzungsinstrument wird hervorgehoben. Solidarität als fundamentaler europäischer Wert erhält somit eine zusätzliche Sichtbarkeit im Zusammenwirken von Ratsempfehlung und dem Europäischen Solidaritätskorps.

Durch die Aufnahme der Themen "Digitalisierung", "Klimaschutz und Nachhaltigkeit" sowie durch den verstärkten Fokus auf "Inklusion" werden in der Ratsempfehlung drei der prioritären Themenbereiche der EU-Jugendprogramme abgebildet. Insbesondere in Bezug auf Inklusion wird auf die Wirksamkeit von kürzeren Freiwilligendienstformaten und Gruppenfreiwilligendiensten hingewiesen, wie es sie im ESK gibt.

Auch die im Europäischen Solidaritätskorps hervorgehobene Ebene der Wirkung transnationaler Freiwilligenaktivitäten auf Gesellschaft und lokale Gemeinschaft spiegelt sich wider. Insgesamt hat die Neufassung der Ratsempfehlung für die weitere Umsetzung des ESK eine hohe Relevanz, fasst sie doch neben der starken inhaltlichen Bindung zum Programm auch Bedarfe und Herausforderungen der nächsten Jahre für das Feld der grenzüberschreitenden Freiwilligenarbeit zusammen.

Weiterhin bestehen indirekte Bezüge zur Engagement-Förderung junger Menschen - einem fundamentalen und dem ESK innewohnenden Ziel. Der inhaltliche Fokus auf Engagement und Solidarität (sowohl in der Ratsempfehlung wie auch im EU-Programm Europäisches Solidaritätskorps) kann daher gemeinsam mit den Engagement-Möglichkeiten im ESK auf nationaler Ebene Anknüpfungspunkte an Engagement-Strategien der Länder und des Bundes beinhalten.

Unterstützung der Community of Practice

Die Ratsempfehlung betont die Wichtigkeit von Community-Building unter aktuellen und ehemaligen Teilnehmenden an Freiwilligenaktivitäten. So soll unter anderem auch deren Engagement über die Zeit des Freiwilligendienstes hinaus gefördert werden. Explizite Erwähnung findet in diesem Zusammenhang das EuroPeer-Netzwerk, das von mehreren Nationalen Agenturen gemeinschaftlich umgesetzt wird.

Fortschritte bei der Umsetzung der Ratsempfehlung sollen jetzt regelmäßig im Rahmen der Berichterstattung zur EU-Jugendstrategie und mit Hilfe des Youth Wiki überprüft werden. Zu den aufgezählten neuen Trends im Freiwilligenbereich sollen weitere Erkenntnisse gesammelt und die Instrumente der europäischen jugendpolitischen Zusammenarbeit zur Weiterentwicklung von Freiwilligendienstaktivitäten genutzt werden.

Weiterführende Informationen

Hintergrunddokument: Empfehlung des Rates über die Mobilität junger Freiwilliger in der Europäischen Union (PDF)

Weiterlesen

Studie zum Abbau von Hürden bei grenzüberschreitenden solidarischen Aktivitäten 2019-2020, Executive Summary (PDF)

von Hebel: Ratsempfehlung zur Mobilität Freiwilliger | Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (b-b-e.de) (zur Arbeit der Expert*innen-Gruppe 2019/2020)

(JUGEND für Europa)