28.09.2023

Youth Work wird zukunftsfähig gemacht

Zitat: "Im Arbeitsfeld Youth Work wuirde eine große Bewegung entfacht."Seit zweieinhalb Jahren gibt es die European Youth Work Agenda. Mit ihr wird in über 40 Ländern die Praxis und Politik von Youth Work weiterentwickelt. Der Bonn-Prozess hilft dabei, die Agenda in die Tat umzusetzen. Alicia Holzschuh vom Servicecenter für den Bonn-Prozess bei JUGEND für Europa erläutert die aktuellen Entwicklungen aus dem Arbeitsfeld und sagt, wie die euopäische Jugendarbeit die Zukunft in den Blick nimmt.

Alicia, als Servicecenter für den Bonn Process habt ihr Einblick, wie Youth Work in über 40 Ländern europaweit umgesetzt wird. Auch wenn sich die Herausforderungen in den einzelnen Ländern sicherlich stark unterscheiden: Lassen sich aus eurer Sicht übergreifende Entwicklungen im Bereich Youth Work identifizieren?

Alicia Holzschuh: Eine zentrale Entwicklung aus unserer Sicht, ist die große Bewegung, die mit dem Bonn-Prozess europaweit verstärkt im Arbeitsfeld entfacht wurde: sei es im nationalen oder europäischen Kontext. Vielerorts wurde und wird die European Youth Work Agenda als starker Impuls genutzt, wichtige Themen verstärkt zu diskutieren und voranzutreiben.

Themen wie Qualitätsentwicklung, Anerkennung von Youth Work und die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften standen dabei zumindest bei unseren Veranstaltungen oft besonders im Fokus. Insgesamt sehen wir aber auch, dass Youth Work europaweit nach wie vor unter sehr starkem Druck steht und daher strukturell-finanzielle Fragen eine große Bedeutung haben, wenn es um europaweite zukunftssichere Strukturen von Youth Work geht.

Wie reagiert die Community of practice auf diese Herausforderungen?

Auf jeden Fall mit sehr großem Engagement. In vielen Ländern wurde ein nationaler Prozess angestoßen und etabliert, um sich den Herausforderungen auf nationaler Ebene anzunehmen.

Schwerpunkte und Arbeitsweisen sind sehr unterschiedlich: In einigen Länderbeispielen steht die rechtliche Verankerung von Youth Work im nationalen Kontext im Fokus, andere widmen sich stark der Etablierung von Standards und der Professionalisierung des Berufsfeld. "Strategische Planung" ist aber ein Stichwort, dass sich in vielen Länderbeispielen wiederfindet.

Auf unserer Seite zum Bonn-Prozess geben wir regelmäßig Einblicke, wie die Prozesse in den einzelnen Ländern ablaufen – zuletzt haben wir Interviews mit den nationalen Kontaktpersonen aus Griechenland und Serbien veröffentlicht.

Darüber hinaus findet sehr viel Vernetzung auf europäischer Ebene statt, wofür wir als Servicecenter mit unseren Angeboten insbesondere eine Plattform bieten möchten. Daraus gehen thematische Initiativen auf europäischer Ebene hervor oder es entstehen bi- oder multilaterale Kooperationsideen zu einem bestimmten Thema.

Über allen schwebt das zentrale Thema: bessere Sichtbarkeit von Youth Work. Zu diesem Thema gibt es im Dezember eine eigene Konferenz "Value and Recognition of Youth Work" in Zagreb. Welche Ziele verfolgt die Konferenz?

Das Thema Sichtbarkeit und Anerkennung ist an sich ja kein Neues und es gibt bereits viele Ressourcen und Tools dazu. Die Konferenz möchte daher Akteure, die sich bereits in der fachlichen Debatte engagieren, weiter empowern und ihnen einen grenzüberschreitenden Austausch und Inspiration bieten.

Außerdem möchte die Konferenz als Format selbst einen Beitrag zur größeren Anerkennung von Youth Work leisten – durch den Austausch von Good Practice, der Entwicklung von Strategien und vor allem einer gemeinsamen Botschaft zum Wert von Youth Work.

Eine andere große Veranstaltung findet nächstes Jahr im Mai statt: die dritte Ausgabe der European Academy on Youth Work. Sie wird die "Zukunft" in den Blick nehmen und überlegen, wie Youth Work im Jahr 2050 aussehen kann. Welcher Ansatz verbirgt sich hinter dieser Vorgehensweise?

Die Methode hinter diesem Ansatz nennt sich "future foresight method" und sie zielt darauf ab, mögliche Zukunftsszenarien von Youth Work vorauszudenken, um daraus Erkenntnisse zur Ausgestaltung des Arbeitsfeldes abzuleiten und neue Perspektiven zu eröffnen, die den Bedürfnissen einer sich schnell verändernden Welt gerecht werden.

Die Methode an sich ist wissenschaftlich nicht neu, ihre Anwendung auf das Arbeitsfeld hingegen durchaus, was das Ganze sehr spannend macht. Gearbeitet wird hierzu mit sogenannten Signal spotters, die nach Indikatoren, Mustern oder Hinweisen, die einen bestimmten Trend andeuten, Ausschau halten und diese systematisch erfassen.

Anfang September hat das Kick-Off für die mehr als 60 ausgewählten Signal Spotters stattgefunden, um ihre Arbeit aufzunehmen. Die Ergebnisse dieses kollaborativen Forschungsprojekts sollen bei der Academy im Mai 2024 validiert und diskutiert werden.

Noch einmal zurück zum Thema Sichtbarkeit: Die European Youth Work Agenda will Youth Work zu mehr Anerkennung verhelfen. Die beiden EU-Jugendprogramme spielen dabei eine zentrale Rolle. Wie können die vielen Projekte, die über Erasmus+ Jugend und über das Europäische Solidaritätskorps gefördert werden, den Rückenwind der Agenda nutzen? Welche Unterstützung gibt es?

Das strategische Kooperationsprojekt zur European Youth Work Agenda im Netzwerk der nationalen Agenturen ("Strengthening youth work in Europe by supporting the implementation of the European Youth Work Agenda") widmet sich u.a. genau dieser Frage und entwickelt gerade Unterstützungsmaterialien für Antragstellende und Projektumsetzende.

Grundsätzlich bieten die acht thematischen Prioritätsbereiche der European Youth Work Agenda zahlreiche Anknüpfungspunkte für Projekte. Die Prioritäten der Programmformate selbst finden sich dort zahlreich wieder, sodass man mit einem Projekt sehr einfach teil dieses großen europäischen Prozesses ist und dies für die eigene Kommunikation und Lobbyarbeit nutzen kann.

Die acht Prioritätsbereiche können auch genutzt werden, um ein europaweit besonders relevantes Thema zu identifizieren, und sich diesem mit einem Projekt bewusst zu widmen. Einen ersten guten Überblick hierfür bietet z.B. die Standardpräsentation zum Bonn-Prozess. Gerne beraten die Programmreferent*innen im Rahmen der Projektberatung auch gezielt zu Anknüpfungsmöglichkeiten an den Bonn-Prozess.

Und zum Abschluss: Verschiedene Veranstaltungsformate zum Bonn-Prozess bieten Möglichkeiten zur Vernetzung und Austausch für ggf. neue Partnerschaften. Wir starten gerade in die Planungsphase der Aktivitäten für 2024.

Alicia, wir danken dir für das Gespräch.

(JUGEND für Europa)

Weitere Informationen

Mehr Informationen zur European Youth Work Agenda und zum Bonn-Prozess finden Sie auf unserer Webseite www.bonn-process.net.