26.06.2024

Auf dem Weg in eine neue Programmgeneration – Zwischenauswertung von Erasmus+ und dem Europäischen Solidaritätskorps ist da

Erasmus+ und das Europäische Solidaritätskorps sind Aushängeschilder der Europäischen Union. Sie stärken in schwierigen Zeiten das demokratische Engagement für eine aktive europäische Bürgerschaft.

Es ist Halbzeit in der Umsetzung der aktuellen Generation der EU-Programme Erasmus+ und Europäisches Solidaritätskorps. Traditionell findet zu diesem Zeitpunkt deren Zwischenauswertung statt. Der deutsche Gesamtbericht für Erasmus+ sowie die Berichte zur Umsetzung von Erasmus+ Jugend und dem Europäischen Solidaritätskorps in Deutschland liegen jetzt vor.

Erasmus+ und das Europäische Solidaritätskorps starteten 2021 unter sehr schwierigen Bedingungen. Die Covid-19-Pandemie hatte zu erheblichen Verzögerungen sowohl im politischen Entscheidungsprozess als auch mit Blick auf die technische Entwicklung der Programme geführt.

Zusätzlich galten zum Programmstart und weit bis ins Jahr 2022 hinein noch diverse pandemiebedingte Einschränkungen, die das Handlungsfeld der Kinder- und Jugendhilfe und seine vielfach ehrenamtlichen Strukturen in besonders harter Weise trafen.

Kontinuierliche Weiterentwicklung erfolgreicher Ansätze

Dennoch gelang es den Akteuren in beiden Programmen, auf diese enormen Herausforderungen flexibel und innovativ zu reagieren. Es zeigte sich, dass gerade der Jugendbereich jungen Menschen passende Orte zur Reflexion und zum Austausch anbieten kann. Voraussetzung dafür war ein hohes Maß an Flexibilität und Unterstützung von Seiten der Europäischen Kommission, der Nationalen Agenturen und des zuständigen Bundesjugendministeriums.

Erasmus+ Jugend und das Europäische Solidaritätskorps konnten die erfolgreichen Ansätze der Vorläuferprogramme im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen, des nicht-formalen Lernens, der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen sowie der Entwicklung und Qualifizierung der Jugendarbeit weiter ausbauen. Zudem gelang es, neue Formate, wie die Jugendpartizipationsprojekte und die Small-scale Partnerships, sowie neue Finanzierungs- und Verwaltungsmodelle, wie Pauschalen oder das Akkreditierungsverfahren, zu etablieren.

Erasmus+ und das Europäische Solidaritätskorps sind nach wie vor Aushängeschilder der Europäischen Union, vor allem, weil sie in schwierigen Zeiten das demokratische Engagement für eine aktive europäische Bürgerschaft stärken.

Forderungen an die nächste Programmgeneration

Mit Blick auf die Programmgeneration ab 2028, deren Vorbereitung bereits im Laufe des kommenden Jahres beginnt, ist es wichtig, aus der aktuellen Umsetzung zu lernen und Vorschläge für eine künftig noch bessere Gestaltung der Programme zu entwickeln. Eine Reihe von Aspekten haben sich in der aktuellen Programmgeneration bewährt.

So gehen die vier Programmprioritäten Inklusion, Partizipation, Umweltschutz und Bekämpfung des Klimawandels sowie Digitaler Wandel auf die aktuellen gesellschaftlichen und globalen Herausforderungen ein.

Die unterschiedlichen Formate in Erasmus+ und dem Europäischen Solidaritätskorps beziehen sich aufeinander und sind gleichermaßen wichtig für die Erreichung der Ziele der Programme. Das Akkreditierungsverfahren ermöglicht einen vereinfachten Zugang zu Fördermitteln und erlaubt Trägern und Einrichtungen mehr Planungssicherheit und Flexibilität. Gerade für den Jugendbereich ist allerdings die Beibehaltung des Einzelantragsverfahrens ebenfalls von zentraler Bedeutung, weil dadurch einfachere Zugänge für kleine und unerfahrene Antragstellende erhalten bleiben.

Die Small-scale Partnerships haben sich als offenes Einstiegsformat bewährt und können mit ihrer vergleichsweise einfachen Antragstellung und Förderstruktur beispielgebend für andere Programmbereiche sein.

Daneben gibt es an einigen Stellen aber deutlichen Verbesserungsbedarf sowohl in Erasmus+ Jugend als auch im Europäischen Solidaritätskorps.

Zu beanstanden sind weiterhin die nicht funktionierenden IT-Tools sowie die hohen Zugangshürden bei der Beantragung und Verwaltung der Projekte. Eine funktionierende IT-Infrastruktur ist für eine gelingende Umsetzung und die Akzeptanz der Programme unverzichtbar.

Das Antragsverfahren muss mit Blick auf das unterschiedliche Trägerspektrum, insbesondere im Jugendbereich, und die Herausforderungen durch den Einsatz künstlicher Intelligenz sowohl zukunftsfähig als auch benutzerfreundlicher gemacht werden.

Um informellen Gruppen und Jugendorganisationen den Zugang zu den Programmen zu erleichtern, sollten künftig Microgrants mit einem vereinfachten Antrags- und Abrechnungsverfahren eingeführt werden, wie es im Europäischen Jahr der Jugend 2022 möglich war.

Auch wenn der Anteil an jungen Menschen mit geringeren Chancen in beiden Programmen zugenommen hat, ist das Potenzial für mehr Inklusion und Vielfalt bislang bei weitem nicht ausgeschöpft. Niedrigschwellige Zugangs- und Beteiligungsformen, die Förderung inklusiver und diversitätssensibler Strukturen sowie eine angemessene finanzielle Förderung sind der Schlüssel zur Erreichung von Bevölkerungsgruppen, die sonst nicht an den Programmen teilnehmen.

In Zeiten zunehmender Nationalismen, schwächelnder Demokratien und europakritischer Stimmen ist das Europäische Solidaritätskorps mit seinen vielfältigen Engagement-Möglichkeiten ein wichtiger Beitrag zur Stärkung von Demokratie und Zusammenhalt in Europa. Es soll darum als eigenständiges Programm weitergeführt werden.

Wie kommen die Zwischenberichte zustande?

In die Zwischenauswertung der Umsetzung der Programme Erasmus+ Jugend und Europäisches Solidaritätskorps werden sowohl die EU-Mitgliedstaaten als auch die Zivilgesellschaft und die Nationalen Agenturen einbezogen. Für Deutschland wurden die Zwischenberichte mit Unterstützung des Centrums für angewandte Politikforschung (C.A.P.) an der Ludwig-Maximilians-Universität in München erstellt und beziehen sich u. a. auf die Begleitforschung der Programme im Jugendbereich (RAY - Research-based Analysis and Monitoring of European Youth Programmes).

Ergänzt werden die Ergebnisse der Zwischenevaluierung durch einen Bericht zu "Kompetenzentwicklung, Kapazitätsaufbau, Organisationsentwicklung und Lernprozessen in Organisationen im Kontext von Erasmus+ Jugend in Aktion" sowie durch ein Interview mit dem Autor dieser Erkenntnisse und Empfehlungen: Dr. Hendrick Otten, langjähriger wissenschaftlicher Begleiter europäischer Jugendarbeit und Jugendpolitik zur Entstehung der Begleitforschung der Programme sowie zur europäischen Dimension und gesellschaftspolitischen Rolle der Jugendarbeit.

Ebenfalls von Interesse ist der Beitrag des Netzwerks der Nationalen Agenturen im Jugendbereich zur Zwischenevaluierung von Erasmus+ Jugend und dem Europäischen Solidaritätskorps (in englischer Sprache).

(JUGEND für Europa)

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