17.12.2024

"Sport ist ein sozialer Faktor in Irland": Mit einem Mini Study Visit ins Europäische Ausland

Teilnehmenden des Study Visit

YouSports ist der Name eines Strategischen Kooperationsprojekts Nationaler Agenturen (SNAC). Mit YouSports können Menschen aus dem Breitensport erleben, wie andere Organisationen im EU-Ausland Sport und non-fomales Lernen verbinden. Unsere Kollegin Leonie Stoklossa war beim ersten von drei Mini Study Visits dabei.

Liebe Leonie, danke, dass du dir Zeit für ein kurzes Interview nimmst. Du warst als deutsche Vertreterin der SNAC YouSports mit einem Mini Study Visit in Irland. Kannst du erklären, was das genau ist?

Leonie Stoklossa: Sehr gerne! Ein Mini Study Visit ist im Grunde genommen ein Kurzbesuch, bei dem ich verschiedene Eindrücke bei unterschiedlichen Projekten bekommen kann. Das heißt, ich fahre in ein anderes Land und schaue mir vor Ort die lokale Arbeit von den Organisationen an, die in einem ähnlichen Themenfeld arbeiten wie ich selbst bzw. in einem Bereich, für den ich mich gerade interessiere.

Organisiert wurde der Study Visit von der SNAC YouSports. Was war das übergeordnete Thema oder Ziel des Austauschs?

Es ging uns darum, in der Jugendarbeit das non-formale Lernen und den Sport zusammenzubringen, also: Wie kann ich Sport als Methode beim non-formalen Lernen nutzen, um dadurch interaktiver mit den Zielgruppen ins Gespräch zu kommen? Wir haben beschlossen, dass wir das nicht nur theoretisch besprechen, sondern auch praktisch zeigen möchten. So entstand die Idee.

Welche Projekte habt ihr euch in Irland angeschaut?

Wir haben uns local sports partnerships in verschiedenen Regionen in Irland angeguckt. Das sind Personen, die öffentlich gefördert werden und die vor Ort mit Schulen, mit Jugendzentren oder mit sozialen Einrichtungen Kontakt aufnehmen. Sie überlegen, wie die Einrichtungen Sport und Bewegung einbringen können. Ein Beispiel wäre etwa eine Grundschule, an der kein Sportunterricht stattfindet, weil es so nicht im Lernplan steht. Local sports partnerships würden dort ansetzen.

Sie haben auch die Aufgabe zu überlegen, wie sozial benachteiligten Gruppen erreicht werden können. Das können zum Beispiel junge Menschen sein, die die Schule abgebrochen haben, oder Menschen mit LSBTIQ*Hintergrund. Wie können diese Gruppen über Sport ins Jugendzentrum geholt werden, um sie dadurch zu empowern?

Gab es für dich ein besonderes Highlight beim Study Visit?

Das ist eine gute Frage! Für mich war alles wirklich spannend. Aber besonders gut gefallen hat mir, dass wir den gälischen Verband kennenlernen durften, der sich besonders für die traditionellen irischen Sportarten einsetzt. Sie gehen in Schulen und bieten im Nachmittagsbereich die Sportarten an, die typisch gälisch sind, um sie zu verbreiten. Gleichzeitig bringen sie den Kindern die irische Kultur und die irische Sprache wieder näher.

Und was ich auch total interessant finde: In Irland gibt es in den Gemeinden lokale Clubs, in denen die lokale Bevölkerung einfach zusammenkommt und sich trifft. Jede*r ist da aktiv, vor allem wenn Spiele stattfinden. Da wird durch Sport ein sozialer Raum geschaffen, Sport ist ein sozialer Faktor in Irland.

Auch Menschen, die geflüchtet oder wegen der Arbeit aus einem anderen Land wegen dorthin gekommen sind, können über die lokalen Clubs Anschluss finden.

Wie kam es denn zur der Entscheidung, ausgerechnet nach Irland zu fahren?

Wir haben in der SNAC überlegt, wie wir an das übergeordnete Thema herangehen können. Irland, Finnland und Deutschland hatten Lust, einen solchen Study Visit zu organisieren, um sich von der Praxis einen Eindruck zu verschaffen und nicht immer nur theoretische Programmpunkte anzubieten. Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass es im Study Visit um diese Fragen gehen soll: Wie kann ich eigentlich Social Sports umsetzen? Was genau ist das? Was verbirgt sich dahinter?

Die Iren waren einfach am schnellsten in ihrer Organisation. Sie wollten uns gerne die local sports partnerships als Modell vorstellen. Deswegen sind wir zuerst dorthin gefahren.

Das heißt, es steht schon fest, dass es danach nach Finnland und nach Deutschland geht. Kannst du mir ein bisschen dazu erzählen, welchen Fokus ihr dort inhaltlich setzen möchtet?

„Wie erreiche ich junge Menschen mit geringeren Chancen?“, das war der Schwerpunkt in Irland und wir haben diesen über die lokal sports partnerships abgedeckt. Im kommenden März geht es in Finnland darum, wie Kommunen vor Ort Social Sports voranbringen können, indem sie zum Beispiel mit NGOs zusammenarbeiten. Das heißt, wir schauen, auf welchen Wegen Kooperationen entstehen können.

Und in Deutschland interessiert uns, was für eine Rolle große Verbände oder große Sportvereine spielen können, um soziale Sportangebote in ihrem Umfeld zu schaffen. Was können zum Beispiel der Deutsche Olympische Sportbund oder die Landessportbünde mit einer Förderung erreichen? Wie können die großen Sportvereine, die in einigen Vierteln und Städten sowieso schon gut aufgestellt sind, noch mal zusätzliche Angebote abseits des Sports schaffen?

Wer kann denn an den Study Visits teilnehmen?

Es können alle teilnehmen, die in lokalen oder größeren Sportvereinen auf der einen Seite oder in den Landes- und Kreissportbünden auf der anderen Seite haupt- oder ehrenamtlich aktiv sind. Eine besondere Ausnahme bietet der kommende Study Visit in Finnland vom 16. bis 19. März, der sich auch an die Menschen richtet, die bei kommunalen Trägern arbeiten, weil wir in Finnland ja die thematische Verknüpfung haben.

Reglementiert sind die Bewerber*innen allerdings auf die Länder Irland, Deutschland, Finnland, Malta und Italien, weil wir das zu fünft in der SNAC organisieren. Aber es können auch diejenigen noch einmal teilnehmen, die schon in Irland mit dabei waren, sofern sie das Thema interessiert.

Dann ist ein Study Visit vielleicht auch eine gute Möglichkeit für die, die sich zum Beispiel für Erasmus+ Sport interessieren und sich noch nicht sicher genug fühlen, ein eigenes Projekt auf die Beine zu stellen?

Ganz genau. Wir wollen Interessierten mit dem Study Visit eine Möglichkeit bieten, schon einmal auf der europäischen Ebene unterwegs gewesen zu sein, bevor sie einen Projektantrag bei uns einreichen. Für einige ist es angenehm, davor erlebt zu haben, wie das ist, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die eben nicht Deutsch sprechen. Das kann am Anfang durchaus eine Hürde sein.

Gleichzeitig geht es uns darum, neue Ideen zu gewinnen. Im besten Fall ergeben sich aus dem Study Visit Kooperationen und Projektideen unter den Teilnehmenden oder den Organisationen, die besucht werden.

Wo kann ich Informationen zum Study Visit im März finden?

Der Study Visit ist im European Training Calendar bei SALTO zu finden. Das heißt, wer Interesse hat, muss sich einmal registrieren, bewerben und die Nationale Agentur in jedem Land wird dann die Bewerbungen auswerten.

Aber die SNAC organisiert nicht nur Study Visits nach Finnland und Irland. Gibt es noch andere Aktivitäten, die im nächsten Jahr auf uns zukommen?

Es wird tatsächlich noch ein weiterer, davon unabhängiger Study Visit nach Frankreich geplant. Außerdem organisieren wir die partnership building activities. Auch hier wird es wieder um die Förderung von sozialer Inklusion durch Sport gehen, doch der Fokus liegt mehr auf partnership building, also die Partnersuche für Projekte. Es werden vor Ort auch Projektideen entwickelt.

Zusätzlich organisieren wir für den 15. und 16. Januar ein online contact making seminar, bei dem sich Partnerorganisationen aus den verschiedenen Ländern finden und austauschen können. Wir hören oft, dass Organisationen und Vereine Schwierigkeiten haben, Partnerorganisationen im Ausland zu finden. Dem wollen wir damit entgegenwirken.

Das klingt spannend. Ich wünsche euch dabei viel Erfolg! Vielen Dank für das spannende Interview und viel Spaß auf eurer Reise im März!

Mehr Informationen zu Erasmus+ Sport erhalten Sie auf unserer Programmseite www.erasmusplus-sport.de.

(JUGEND für Europa)