01.10.2007
Ein gelungener Auftakt für JUGEND IN AKTION
Workshops, Tanz und ein Jugend-Musical: Das 7. Forum in Köln begeisterte seine Teilnehmer.
„Wir freuen uns, hier dabei sein zu können, weil das nicht selbstverständlich ist.“ Stephan Brun von der Schweizerischen Koordinationsstelle Jugend für Europa stellte schon zu Beginn des 7. Forums zu Perspektiven Europäischer Jugendpolitik im Kölner Maternushaus klar, dass dieses Treffen ein besonderes war.
Nicht nur, weil das Nicht-EU-Land Schweiz mit 28 Teilnehmern die zweitgrößte Delegation gleich nach Deutschland stellte, sondern auch, weil zum ersten Mal alle deutschsprachigen Länder in der EU zusammengekommen waren, um über das neue EU-Programm JUGEND IN AKTION zu diskutieren und länderübergreifende Kontakte zu knüpfen.
Ein besonderer Moment solle das Forum werden, hatte sich JUGEND für Europa-Chef Hans-Georg Wicke zu Beginn der Veranstaltung gewünscht. Anfang des Jahres war das Programm JUGEND IN AKTION angelaufen und hatte für viel Umstellungstrubel gesorgt. Nun stand die feierliche Taufe an, und die sollten Belgien, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Österreich und die Schweiz gemeinsam vollführen – weil man sich in dieser Konstellation noch nie getroffen hatte, und weil es gute Gründe gab, neue deutschsprachige Kooperationen auszuloten.
Stolz auf das Programm
„Lernchancen in Europa“, so war die Veranstaltung betitelt, und das sollte sich auch in den 120 Workshops widerspiegeln, die in den drei Tagen auf dem Programm standen: Da ging es um Jugendpartizipation, um Lernerfahrungen im Europäischen Freiwilligendienst, um Bildung in der Jugendarbeit und um die Anerkennung von nicht formalen Lernerfahrungen. „Wir haben Lernen und Engagement auf dieser Veranstaltung verbunden“, sagte Hans Georg-Wicke, „weil wir glauben, dass das der Kern des Programms ist.“
Doch neben den Diskussionen über das neue Programm gab es auch eine Rückschau auf seinen Vorgänger. „Ich bin sehr stolz auf das Programm“, sagte Pierre Mairesse, Direktor der Jugendabteilung in der Generaldirektion Bildung und Kultur der EU-Kommission. „Jedoch müssen wir JUGEND IN AKTION besser an die großen europäischen Projekte anbinden. Die Lissabonner Strategie wirkt für die Bevölkerung im Allgemeinen. Aber nicht für junge Menschen. Da hat sich in den letzten fünf Jahren nichts verändert.“
Einbeziehung aller Jugendlichen notwendig
„Meine Sorge gilt den Jugendlichen, die in Europa noch nicht angekommen sind oder bei denen Europa noch nicht angekommen ist“, sagte Sigrid Pilz, Leiterin der Abteilung für Internationale Jugend- und Familienpolitik im Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend in Österreich. „Für manche ist Europa fast schon zu klein, für andere ist es eine Bedrohung, eine Sorge oder ein Ort, an dem sie nicht willkommen sind.“ Damit sprach die Österreicherin ein Thema an, das sich über die Konferenz hinweg zum Dauerbrenner entwickeln sollte: Die Einbeziehung benachteiligter Jugendlicher in das Programm.
Manche Defizite habe es dabei gegeben, vor allem beim Europäischen Freiwilligendienst, mahnte Werner Friedrich, der das Programm JUGEND für Europa für Deutschland evaluiert hat. „Das Problem ist schon lange bekannt“, sagt Guido Kaesbach, Programmreferent bei JUGEND für Europa, „und wir haben in den letzten Jahren kontinuierlich Verbesserungen erreicht, auch beim Europäischen Freiwilligendienst.“ In einem Projekt mit der Stadt Bonn versuche man, auch Auszubildende mit Haupt- und Realschulabschluss für den Freiwilligendienst zu gewinnen, indem eine Job-zurück-Garantie vereinbart wird.
Die Teilnehmer entwickelten in den Diskussionsrunden zum vergangenen Programm ganz praktische Fragen, zum Beispiel die, wie man ein Projekt vernünftig mit Jugendlichen vorbereiten solle, wenn man nicht wisse, ob es nachher auch gefördert wird.
Vermisst wurde auch ein Folgeprojekt nach dem Europäischen Freiwilligendienst, bei dem sich die Teilnehmer weiter engagieren könnten. Dauerbrenner blieb die Klage über Visa-Probleme, zu denen auch Hans-Georg-Wicke keine Lösung wusste: „Ein unerträgliches Ärgernis. Da ist politisches Druck nötig.“
Chansons, Balkan-Pop und ein laufender Kontrabass
Auch neben der großen Zahl an Workshops blieb den mehr als 400 Teilnehmern genug Raum, um auf Tuchfühlung mit anderen Teilnehmern zu gehen. Bei Chansons mit Klavierbegleitung und reichlich Kaffee wurden rege Kontakte geknüpft und Projekte vorgestellt. Unterhaltung verschafften auch Bassi, der laufende Kontrabass, und sein Herrchen Doblonski, der mit flotten Sprüchen für gute Laune sorgte. Die hielt am ersten Tag auch bis weit in die Nacht an, denn im Kölner Stadtgarten legte Kabarettistin Nessie Tausendschön eine urkomische Performance auf die Bühne und durfte dafür einem spontanen Geburtstagsständchen der Forums-Teilnehmer lauschen. Nach dem Kabarett stürmten Junge und Junggebliebene die Tanzfläche, die nach Hörensagen bis spät in die Nacht von Balkan-Pop-Liebhabern ins Schwingen gebracht worden sein soll.
Nach der gelungenen Feier gingen die Teilnehmer am nächsten Morgen umso arbeitsamer in die Workshops, die alle gut besucht waren und in denen rege diskutiert wurde. „Das Programm war inhaltlich sehr spannend, ich wusste gar nicht, was wählen“, sagte Denise Kürschner von der Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt. „Ich habe neue Sachen erfahren, obwohl ich dachte, ich kenne das Programm-Handbuch schon auswendig.“
Der direkte Kontakt
Auch Georgios Touloumenidis, Präsident von Aegee Stuttgart, hat sich inspirieren lassen und neue Visitenkarten gesammelt, obwohl er eine etwas andere Teilnehmerschaft erwartet hatte: „Ich vermisse mehr ehrenamtliche jüngere Leute. Ich hatte erwartet, dass ich mit 31 Jahren der Älteste bin.“
Während eine Gruppe aus Luxemburg am Klavier ein spontanes Geburtstagsständchen intonierte, nutzten andere die Chance, Mitarbeiter der deutschen Nationalagentur kennen zu lernen. „Plötzlich ist man mit den Leuten an einem Tisch, mit denen man sonst nur telefoniert“, freute sich Denise Kürschner. Die mit EU-Logos verzierten Kuchen in Länderform, die am Abend zuvor im Stadtgarten unter Applaus angeschnitten worden waren, wurden auf Teller verteilt.
Später abends bot die junge Musical-Gruppe des Planet Kultur e.V. mit Ausschnitten aus „McBeth“ eine professionelle Gesangs- und Tanzdarbietung und zeigte damit, wie gelungene Integrationsarbeit ganz praktisch aussehen kann. Einen großen Fan fanden sie in Julia Suck von der Hedwig-Wachenheim-Gesellschaft: „Ich mache gerade ein ähnliches Projekt bei uns, aber die Scheu unter den Jugendlichen ist groß. Ich könnte mir vorstellen, die Gruppe als Vorbild zu uns einzuladen.“
Fahnenübergabe
Der Abschluss des 7. Forums geriet dann noch einmal richtig feierlich: Alle Teilnehmer der ausländischen Delegationen versammelten sich auf der großen Wendeltreppe im Foyer, um sich voneinander zu verabschieden. Kölscher „Halver Hahn“ wanderte als Wegzehrung von Hand zu Hand, dann richteten sich alle Augen auf JUGEND für Europa-Chef Hans-Georg Wicke, der eine große Europa-Fahne weiterreichen sollte an den nächsten Austräger des 7. Forums: Brandender Applaus, als Stephan Brun aus der Schweiz die Fahne übernahm. „Ich bin erstaunt, dass wir bisher so wenige Kooperationen im deutschsprachigen Raum gemacht haben“, sagte Hans-Georg Wicke am Ende. „Umso besser, dass wir jetzt damit angefangen haben.“
(Andreas Menn)
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