12.10.2007
„Der Jugendliche ist König“
Eurodesk-Regionalstellen in Leipzig und Oldenburg bauen ihr Beratungsangebot aus - Schwierigkeiten noch bei benachteiligten Jugendlichen
Bloß nicht den Kopf in den Sand stecken. Immer wieder stellt sich Anja Peter die Frage, wie sie die so genannten benachteiligten Jugendlichen in der Peripherie von Leipzig besser erreichen kann. Peter arbeitet als Leiterin der EU-Informationsstelle „Europe Direct“ im Europa-Haus der sächsischen Messestadt. Und: Sie koordiniert eines der 34 Regionalbüros von Eurodesk, dem europäischen Jugendinformationsnetzwerk mit Hauptsitz in Bonn. „Ich bin mir sicher, dass Haupt- oder Berufsschüler vom Europäischen Freiwilligendienst oder Leonardo-Berufspraktika genauso profitieren würden wie Abiturienten oder Studenten“, sagt Peter überzeugt – trotz ihrer jüngsten Erfahrungen in einem Jugendclub in einem sozial benachteiligten Stadtteil von Leipzig. Die Eurodesk-Koordinatorin hatte sich gut auf ihren Beratungs-Ausflug vorbereitet. Einziges Problem: die Teilnehmer. Von ihnen hatte sich an jenem Tag niemand blicken lassen. Drei von sechs Veranstaltungen mussten im Nachhinein abgesagt werden.
„Natürlich ist das enttäuschend“, verrät Peter, „aber wir dürfen deshalb nicht nachlassen. Entscheidend ist, dass wir die Jugendlichen in ihrer Lebenswirklichkeit abholen. Dazu gehört auch, sie in der richtigen Sprache anzusprechen.“
Ausland ist für alle da
Bis zu sechs Mal im Jahr lässt sie sich mittlerweile in den Haupt- und Berufsschulen der Region blicken – mehr sei allein schon zeitlich nicht machbar, so Peter. Der Versuch, diesen Jugendlichen einen Auslands-Aufenthalt schmackhaft zu machen, bleibt bislang allerdings oft nur ein Versuch. „Die Resonanz ist insgesamt doch noch sehr vereinzelt.“
Ansonsten lässt die Europa-Begeisterung in Leipzig nicht zu wünschen übrig. Die seit Oktober 2005 in Betrieb genommene Eurodesk-Stelle ist zur festen Anlaufstelle für Schüler und Studierende geworden. „Die Jugendlichen haben immer weniger Hemmungen ins Ausland zu gehen, das vorübergehende Verlegen des Wohnorts ist zur Selbstverständlichkeit geworden“, stellt Peter fest und ist amüsiert: „Inzwischen fragen uns die Leute sogar schon, wo sie Mosaik-Kunst in Italien studieren können. Wir geben dann unser Bestes bei der Beratung. Der Jugendliche ist schließlich König.“
Verbesserungsmöglichkeiten sieht die Eurodesk-Koordinatorin dagegen noch bei der Aufbereitung länderspezifischer Informationen. „Wenn es um spezielle Auslandsanfragen geht, wird es schwierig. Ratschläge für die Berufsausbildung in Finnland fallen mir zum Beispiel nicht leicht. Ich weiß nicht, wie das Bildungssystem dort aufgebaut ist und ob bzw. wie Qualifikationen dort anerkannt werden.“ Auch mit der deutschen Nationalagentur wünscht sich Peter noch mehr Vernetzung. „Ich bin sicher, dass wir deren Know-How noch besser an unsere Kunden weitergeben könnten.“
Kontakt mit Jugendlichen wichtig
Auch in Oldenburg wollen die Mitarbeiter von Eurodesk ihr Beratungsangebot für Jugendliche ausbauen. Eine große Herausforderung, zumal die Mobilitätsinformationen für junge Menschen in der 160.000-Einwohner-Stadt bislang nur einen von mehreren Arbeitsfeldern ausmachen. Die „Dieter Meyer Consulting GmbH“ berät schwerpunktmäßig öffentliche Einrichtungen zu allen EU-Förderprogrammen, Eurodesk ist hierbei nur ein Teilprojekt. Gleichzeitig handelt es sich bei der Einrichtung um eine Europe-Direct-Informationsstelle der EU-Kommission.
„Im Gegensatz zu anderen Trägern wie Jugendzentren oder Jugendverbänden haben wir in unserer Eurodesk-Stelle bislang nur mittelbar mit den Jugendlichen zu tun“, erklärt Daniel Kipp, einer von drei Eurodesk-Projektverantwortlichen. Um aber noch stärker mit den Jugendlichen in Kontakt zu treten, haben die Oldenburger vor neun Monaten mit der 18-jährigen Kathrin Meiners eine erfahrene Jung-Europäerin auf Honorarbasis engagiert. „Kathrin spricht sie die Sprache der Jugendlichen“, sagt Kipp. An zwei Nachmittagen in der Woche steht die Schülerin anderen interessierten Jugendlichen in Sachen Europa Rede und Antwort.
Inzwischen wird die Eurodesk-Servicestelle auch mit konkreten Literaturanfragen für Schulreferate auf Trapp gehalten. „Ob EU-Strukturförderung oder Erweiterung der Europäischen Union – viele Schüler nutzen uns als erste Anlaufstelle, um Informationen für ihre Schulvorträge zu bekommen.“ Bislang konnten alle Anfragen beantwortet werden. „Unser Keller quillt vor Broschüren regelrecht über“, so Kipp.
Welche Bedeutung Eurodesk Oldenburg zukommt, zeigt allein das Verbreitungsgebiet. Mit 28 Landkreisen und kreisfreien Städten in den ehemaligen Regierungsbezirken Weser-Ems und Lüneburg decken die Mitarbeiter der Regionalstelle inzwischen mehr als die Hälfte des Bundeslandes Niedersachsen ab.
(Marco Heuer)
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Nähere Informationen zu den Angeboten der Eurodesk-Servicestellen Leipzig und Oldenburg gibt es unter www.europa-haus-leipzig.de und www.eurooffice.de. Neben diesen beiden Organisationen fungieren noch 32 weitere lokale Eurodesk-Partner als regionale Kontaktstellen für JUGEND IN AKTION.
Seit Anfang 2007 hat JUGEND für Europa regionale Kontaktstellen. Dort erhalten Jugendliche und Fachkräfte vor Ort Erstinformationen über das Programm JUGEND IN AKTION - sei es über den Europäischen Freiwilligendienst, Jugendinitiativen oder über Fortbildungsangebote der Agentur sowie weitere Fortbildungen im Bereich der europäischen Jugendarbeit.
Mit den regionalen Kontaktstellen will JUGEND für Europa das Programm lokal und regional besser verankern und für einen vereinfachten Zugang zu den Möglichkeiten sorgen, die das EU-Programm JUGEND IN AKTION bietet. Die Bereitstellung von Erstinformationen für Interessierte geschieht nicht nur über die individuellen Gespräche bei den regionalen Kontaktstellen, sondern auch mittels größerer regionaler Veranstaltungen, die gemeinsam mit der Agentur durchgeführt werden.
JUGEND für Europa bietet die regionalen Kontaktstellen in Kooperation mit dem Eurodesk-Netzwerk an. Die 34 regionalen Kontaktstellen für das EU-Programm JUGEND IN AKTION sind gleichzeitig lokale Eurodesk-Beratungstellen und besitzen langjährige Erfahrung in Sachen Jugendinformation und europäische Mobilitätsmöglichkeiten.
Wo die regionalen Kontaktstellen von JUGEND für Europa sitzen und wie sie zu erreichen sind, zeigt die Landkarte auf der Eurodesk-Seite.
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