18.10.2007
Gesichter statt Broschüren
Ein Infotag über JUGEND IN AKTION in Mecklenburg-Vorpommern
Eine Karte von Mecklenburg-Vorpommern, darin ein kleiner blauer Punkt. Er wirkt ein wenig verloren, weit und breit ist kein zweiter zu sehen. In ganz Mecklenburg-Vorpommern, heißt das, gibt es nur eine regionale Kontaktstelle des Eurodesk-Netzwerkes, an die sich Jugendorganisationen und Jugendliche wenden können, um Informationen über das EU-Programm JUGEND IN AKTION zu erhalten.
Die Zuhörer im Greifswalder Internationalen Begegnungszentrum Felix Hausdorff sind darüber nicht besonders überrascht. Mecklenburg-Vorpommern ist ein Flächenland mit wenig Städten und viel Landbevölkerung. Europa ist für manche Jugendliche hier meilenweit entfernt. Und auch manche Träger der Jugendarbeit finden, dass die räumliche Distanz zur Nationalagentur in Bonn und zur EU-Kommission in Brüssel sich in Mecklenburg-Vorpommern ganz besonders bemerkbar macht. Wer zu einer Infoveranstaltung ins Rheinland möchte, muss acht Stunden Fahrtzeit einrechnen.
Eine Europäische Freiwillige berichtet aus erster Hand
Höchste Zeit also für eine Infoveranstaltung der Bonner Nationalagentur in Mecklenburg-Vorpommern. „Wir hatten mit vielen Teilnehmern gerechnet“, sagt Organisatorin Angela Hoppe von JUGEND für Europa, „aber dass es 64 wurden, hat uns überrascht.“ Aus dem ganzen Bundesland waren Jugendarbeiter, Lehrer, Vertreter von Stadtverwaltungen und von Jugendinitiativen nach Greifswald gekommen, um sich grundlegend über die Fördermöglichkeiten von JUGEND IN AKTION zu informieren. „Zwei Drittel der Teilnehmer sind Neulinge, die vorher noch nie mit JUGEND für Europa zu tun gehabt haben“, freut sich Angela Hoppe.
In Vorträgen, Filmen und Interviews mit erfahrenen Jugendarbeitern lernen die angereisten Gäste, was hinter den verschiedenen Aktionen des Programms steckt. Besonders die Neuerungen wie Jugenddemokratieprojekte, die Valorisierung und der Bereich „Jugend in der Welt“ bergen Erklärungsbedarf. Und als die ehemalige Europäische Freiwillige Sabrina Apitz anschaulich von ihren Erlebnissen in einem italienischen Sozialprojekt berichtet, spitzen die Zuhörer besonders die Ohren. Europäische Freiwillige trifft man selten in Mecklenburg-Vorpommern – nur eine ist nach ihrem Freiwilligendienst EuroPeer geworden und steht für Fragen aus dem gesamten Bundesland bereit.
„Wir möchten auch eine Stelle für einen Europäischen Freiwilligen schaffen“, sagt Kai Berdermann vom Institut für neue Medien in Rostock. Das Institut lädt zu seinem jährlichen Film- und Kultur-Festival „Fish“ – mittlerweile ein bundesweiter Geheimtipp – jedes Jahr ein anderes Gastland ein. Nächstes Jahr ist Estland an der Reihe, und ein estnischer Freiwilliger könnte gute Dienste leisten im Aufbau von Kontakten zu estnischen Filmemachern. „Wir wussten nicht, wie man eine Aufnahmeorganisation wird und wie man den Einsatz der Freiwilligen organisiert“, sagt Kai Berdermann. „Hier in Greifswald habe ich wichtige Informationen erhalten.“
Träger sehen sich in regionaler Randlage
Viele Träger in Mecklenburg-Vorpommern sehen sich im regionalen Abseits, das wird an diesem Tag in Greifswald klar. „Wir befinden uns in einer benachteiligten Region“, erklärt Pastor Peter Nieber aus der Gemeinde Bansin in Usedom (siehe ausführliches Interview) und wünscht, dass dies bei der Umsetzung des Programms JUGEND IN AKTION stärker berücksichtigt werde. Ingrid Müller kann das Problem gut verstehen, schränkt aber ein: „Wann von einer regionalen Benachteiligung gesprochen werden kann, müssen wir mit ihnen bei JUGEND für Europa von Projekt zu Projekt klären. Wir bemühen uns aber redlich, den Besonderheiten jedes einzelnen Projekts gerecht zu werden.“
Mark Klinkenberg, Amtsjugendpfleger der Gemeinde Grabow, informiert sich in Greifswald zum ersten Mal persönlich über das EU-Programm. „Vorher hatte ich nur im Internet recherchiert und Broschüren überflogen, aber vor Ort zu sein und Infos aus erster Hand zu erhalten, ist etwas ganz anderes“, sagt er. „Hier kann ich Fragen stellen und lerne die Gesichter der Referenten aus der Nationalagentur kennen.“ Die Gemeinde Grabow möchte den Kontakt mit ihren Partnerstädten aus England, Polen, Schweden und Dänemark verstärken. Darum informiert sich Mark Klinkenberg in Greiswald besonders zu Fördermöglichkeiten für Jugendbegegnungen. Aber auch die anderen Vorträge hört er sich aufmerksam an und macht sich Notizen: „In den kleinen Gemeinden wissen die Verantwortlichen wenig über JUGEND IN AKTION Bescheid – da fungiere ich als lokaler Ansprechpartner.“
Am Ende des Infotages ist Angela Hoppe zufrieden: Die Neugier war groß, die Teilnehmer werden die Informationen im ganzen Bundesland weiter tragen. Doch das soll erst der Anfang sein. „Ich würde mich dennoch freuen, wenn es hier weitere regionale Kontaktstellen gäbe, die kontinuierlich über JUGEND IN AKTION informieren.“ Die ersten Interessenten haben sich schon gemeldet.
(Andreas Menn)
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