30.11.2007
Junge Europa-Enthusiasten
Dritte EuroPeers-Staffel in Bielefeld ausgebildet – Möglichkeiten und Perspektiven des Peer-to-Peer-Projekts
Die 466 Kilometer vom mittelfränkischen Hilpoltstein in den beschaulichen Bielefelder Stadtteil Quelle haben sich für Ralf Bilke gelohnt. Zumindest wenn man hört, dass der 20-Jährige nun überzeugt ist, seine ehemals vagen Ideen zur Verbreitung begeisternder Europa-Vorhaben nun in die Tat umsetzen zu können. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich als EuroPeer so gut ausgebildet werden würde“, sagt Ralf. „Praxisnahe Workshops, zahlreiche Hintergrundinformationen; dazu die Chance, mit motivierten Menschen aktiv am Netzwerk mitzubasteln – all das hilft mir, schon bald selbst aus eigener Kraft tätig zu werden.“
Den Ankündigungen ließ der Geographie-Student aus Bayreuth schnell Taten folgen. Schon drei Wochen nach der EuroPeers-Schulung in der Bildungsstätte Einschlingen am Teutoburger Wald gastierte der Ex-EFDler an seinem ehemaligen Gymnasium. Die Mission: In selbst ausgearbeiteten Vorträgen über die Möglichkeiten des Programms JUGEND IN AKTION zu informieren. Zudem berichtete Ralf von seinem abwechslungsreichen Arbeitsalltag als Europäischer Freiwilliger in einem Pfarrhaus bei Toulouse. Einblicke in die Essgewohnheiten seines Gastlandes gab es gratis dazu.
„Wir haben alle Teilnehmenden gebeten, bis zum Dezember eine erste Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Denn nur dann sind die Motivation und das Wissen von der Schulung noch frisch“, erklärt Antje Voß, Projektkoordinatorin des Projekts EuroPeers. Ein Blick auf www.europeers.de zeigt, dass der Wunsch erhört wird. Der Veranstaltungskalender, in dem die aktuellen Projekte kurz vorgestellt werden, aktualisiert sich regelmäßig.
„Wir sind mit den EuroPeers auf dem richtigen Weg. In den letzten drei Jahren haben wir 185 Leute ausgebildet. Natürlich sind nicht alle gleichermaßen aktiv, aber es gibt inzwischen einen großen Stamm von sehr engagierten jungen Menschen“, zieht Heike Zimmermann, Programmreferentin bei „JUGEND für Europa“, ein Zwischenfazit. Bis dass der bundesweite Bekanntheitsgrad des Peer-to-Peer-Projekts über spezielle Fachkreise oder lokale und regionale Punkte hinaus geht, ist es noch ein weiter Weg – auch wenn der Popularitätsgrad stetig zunimmt. „Unser Ziel ist es, allgemein bekannter zu werden. Wir wollen, dass die EuroPeers zunehmend Anfragen von Schulen, Vereinen oder Jugendinformationsstellen erhalten“, so Zimmermann. Die Chancen stehen nicht schlecht. Auf www.lehrer-online.de wurden die Europa-Enthusiasten schon beworben.
Die EuroPeers sind auch weiterhin ehrenamtlich unterwegs. Die Agentur JUGEND für Europa unterstützt ihr Engagement durch kostenlose Aus- und Fortbildung, Bereitstellung aktueller Informationsmaterialien und zertifiziert ihr bürgerschaftliches Engagement durch den Youth-Pass. Regelmäßige Jahrestreffen und Einladungen zu aktuellen Veranstaltungen sorgen für eine kontinuierliche Vernetzung der EuroPeers sowohl untereinander wie auch mit anderen Netzwerken. In der Agentur ist man stolz auf das im Herbst 2005 gegründete Projekt, und die Arbeit eines jeden EuroPeers.
Damit die EuroPeers aktiv bleiben können, werden die Schulungen den Bedürfnissen der Teilnehmenden immer stärker angepasst. „Neben unseren klassischen Workshops wie ‚Unterwegs in Europa’, ‚Veranstaltungsmanagement’, ‚Auftreten vor der Gruppe’, ‚Basiswissen Europa’ sowie ‚Presse- und Öffentlichkeitsarbeit’ haben wir uns in diesem Jahr für ein weiteres Fortbildungsmodul entschieden: den so genannten ‚Netzwerk-Workshops’. Ziel ist es, den Nachwuchs an die bestehenden Netzwerke von EuroPeers, Eurodesk und der Ex-EVS heranzuführen“, erklärt Projektkoordinatorin Voß und ist überzeugt: „Die Jugendlichen haben inzwischen so viele Möglichkeiten – wir wollen ihnen eine gut gefüllte Schatzkiste mit auf den Weg geben und helfen, wo es geht.“
Auch die Europäische Jugendpolitik soll im EuroPeers-Schulungskonzept künftig stärker verankert sein. „Die Zielgruppe Jugend spielt auf europäischer Ebene inzwischen in allen Politikfeldern eine Rolle. Zudem kommt dem ‚Strukturierten Dialog’ eine immer größere Bedeutung zu – es wäre wünschenswert, wenn sich in Zukunft auch immer mehr EuroPeers für dieses Themenfeld interessieren würden“, sagt Claudius Siebel, Programmreferent bei „JUGEND für Europa“, „zumal EuroPeers die crème de la crème in punkto Engagement sind.“
Dass es dennoch nicht einfach wird, weiß Siebel selbst. „Europäische Jugendpolitik ist nicht gerade leicht zu vermitteln. Man braucht eine gute Idee, um das Thema spannend zu verpacken.“ Oder ein gutes Beispiel. In einer Ausstellung hat Siebel die jugend- und europapolitische Karriere von EuroPeer Caroline Roth (23) anhand von Fotos, Interviews und relevanten politischen Dokumenten eindrucksvoll nachgezeichnet – ein spannender Ausflug in den Beteiligungs-Alltag einer jungen Münchenerin auf europäischem Parkett.
Verändern könnte sich in Zukunft auch die Mischung der EuroPeers. Stellen bislang noch ehemalige Europäische Freiwillige den großen Kern der Gruppe, wünscht sich Siebel künftig verstärkt Initiatoren von Jugendinitiativen im Pool der EuroPeers. Zudem könnten sich die EuroPeers im Bereich der von „JUGEND für Europa“ geförderten Jugendinitiativen weiter austoben. „Hier ist eine gegenseitige Durchmischung durchaus erwünscht“, so Siebel.
Ob sich die EuroPeers langfristig zu einem internationalen Projekt entwickeln, ist eine Frage, die auch jetzt schon mal in der Nationalagentur diskutiert wird, wenn auch erst im kleinen Rahmen. „Wir freuen uns natürlich, wenn die Idee in anderen Ländern aufgegriffen wird bzw. Freiwillige das Projekt in ihre Heimatländer tragen“, erklärt Programmreferentin Zimmermann. „Unsere Strategie ist es aber, zunächst in anderen Ländern zu schauen, welche Ansätze von ‚peer-group-education’ zum Thema Europa es überhaupt gibt. Erst dann können wir entscheiden, wo eine Kooperation sinnvoll ist.“
EuroPeers Ralf Bilke braucht solange nicht zu warten. Der 20-jährige Bayer will schon in den nächsten Monaten wieder aktiv werden – trotz intensiver Studiumsanforderungen. „Die Berufsberater von der Bundesagentur für Arbeit (BA) müssen stärker in unser Netzwerk integriert werden“, fordert Ralf, „die sind doch schließlich auch Multiplikatoren.“ Gut möglich, dass auch die Damen und Herren von der BA schon bald arbeitstechnisches Neuland betreten – im mittelfränkischen Hilpoltstein.
(Marco Heuer)
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