10.08.2006
Was zählt, ist allein das Engagement
Jugendinitiativen aus ganz Deutschland präsentierten in Hannover auf dem Jugendinitiativ-Event "Nimm 3!“ ihre Projekte
"Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach ist, Fördermittel zu bekommen. Sicher muss man Anträge ausfüllen, aber es braucht nicht alles so perfekt zu sein. Das ist unsere Chance." Für Susanne Lombardelli hat sich der Besuch des Jugendinitiativen-Events in Hannover in jedem Fall gelohnt. Die Vertrauenslehrerin der Martin-Luther-King-Förderschule im nahe gelegenen Ricklingen will die Motivation ihrer Schüler stärken, künftig auch selbst mal kleinere Projekte auf die Beine zu stellen. "Als ehemalige Sonderschule haben wir es vor allem mit lernschwachen Schülern zu tun. Viele trauen sich nichts zu. Das wollen wir ändern“, sagt Lombardelli und zeigt auf Dekan (13) und Lina (17). Die beiden irakischen Schüler sind zwei von 14 Klassensprechern der Jahrgangsstufen fünf bis neun, die die Vertrauenslehrerin an diesem Tag mit nach Hannover gebracht hat. Fasziniert durchqueren sie die Präsentationsräume des Raschplatz-Pavillons. Immer wieder bleiben sie vor den bunt und liebevoll gestalteten Projekt-Stellwänden der Jugendlichen stehen.
Bis zu 10.000 Euro für eine gute Idee
Rund 40 Vertreter von mehr als 20 Jugendinitiativen aus dem gesamten Bundesgebiet waren am 15. Juni für vier Tage in die niedersächsische Landeshauptstadt gekommen. Unter dem Motto "Nimm 3!“ hatten "JUGEND für Europa“ und das hannoverische Beratungsbüro für Jugendprojekte, profondo, zu der Veranstaltung eingeladen. Die 3 steht dabei für die Aktion 3 des europäischen Aktionsprogramms JUGEND, durch das in den vergangenen sieben Jahren über 800 lokale Initiativen von Jugendlichen mit bis zu 10.000 Euro gefördert wurden. Die durchschnittliche Förderhöhe liegt bei 6500,- Euro. Unterstützt werden Vorhaben, die sich über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten erstrecken. Die Höchstgrenze liegt bei einem Jahr.
Wie nachhaltig Jugendinitiativen in den meisten Fällen verlaufen, zeigen Zahlen einer erst vor kurzem erstellten Studie, bei der Projekte aus den Jahren 2003 bis 2005 untersucht wurden. Danach haben Jugendliche in mehr als zwei Dritteln aller Jugendinitiativen ihre Ideen auch nach Beendigung der offiziellen Förderung weiter verfolgt. Nicht immer müssen es Großprojekte sein wie das im Raum Tübingen bekannt gewordene Musik-Politik-Festival "ACT!“. Das zunächst regional geplante Event hat sich inzwischen zu einem der größten politischen Festivals in Deutschland mit internationaler Beteiligung entwickelt. "Wir wollen auch kleine Initiativen fördern und jungen Leuten zeigen: Schaut her, Ihr könnt etwas bewegen“, sagt Claudius Siebel, Jugendinitiativen-Koordinator bei "JUGEND für Europa“.
Grenzen überwinden
Die Studentin Franziska Zeisig und der Schüler Mohamad Ahmad wissen, was für einen Wert auch kleinere Projekte haben. Sie entwarfen das Projekt "Grenzen überwinden“. Ziel des Vorhabens: Eine Woche in den Osterferien nahmen sie Jugendliche aus ihrem Heimatbezirk Wedding mit, um mit ihnen gemeinsam auch einmal die anderen Bezirke der Stadt zu erkunden. Ob Technikmuseum Kreuzberg, Dokumentationszentrum Berliner Mauer oder Schloss Charlottenburg - die Jugendlichen sammelten emsig Eindrücke und erstellten eine schriftliche und fotografische Dokumentation.
Für Andreas Henska aus Wittenberg bot die Nimm3!-Veranstaltung in Hannover endlich Gelegenheit, Mitstreitern aus anderen Jugendinitiativen seine eigenen Erfahrungen vom Aufbau eines Radsport- und Skatervereins zu schildern. "Die Bürokratie in diesem Land ist wirklich anstrengend", beschrieb er seine langjährigen und mühseligen Versuche, die lokalen Politiker von seinem Vorhaben zu begeistern. Außerdem beklagte er mangelndes Vertrauen: "Wenn immer wieder angezweifelt wird, ob man als Jugendlicher ein solches Projekt überhaupt verwirklichen kann, wird man wahnsinnig. Gerade weil man es doch auf legalem Wege versucht."
Dass Jugendliche bei der Umsetzung ihrer Ideen mehr Unterstützung brauchen, hat auch Detlev Voigt erkannt. Beim Landesjugendamt Niedersachsen ist er für Jugendpartizipation zuständig. Seine Forderung: Jugendliche sollten sich sprachlich nicht verstellen müssen, wenn sie im Rathaus für ihre Anliegen werben. "Sie sollten dort so reden können, wie sie es auch sonst gewohnt sind“, so Voigt. (Marco Heuer)
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