17.11.2008
Europa vor der Haustür
Jugendliche diskutieren sich bei „Radio Funkstark“ in Hamburg die Köpfe heiß / Im Nördlichen Osnabrücker Land wird Klima- und Umweltschutz großgeschrieben
Die Nervosität steht ihnen ein bisschen ins Gesicht geschrieben, aber schaffen wollen sie es allemal. Knapp eine Stunde werden die zwölf Jung-Journalisten von „Radio Funkstark“, dem Hamburger Ausbildungsradio für Kinder- und Jugendthemen, am heutigen Dienstag über ihre Recherchen während der Europäischen Jugendwoche berichten. Die Moderationen – allesamt live. Der Titel der Sendung: Jugend & Europa. „Wir haben es den Jugendlichen freigestellt, ob wir die komplette Sendung vorproduzieren oder live fahren wollen“, erklärt Severine Naeve, Projektkoordinatorin bei „Radio Funkstark“. „Die Antwort war eindeutig: Wenn schon, dann bitteschön live.“
Eine Woche haben sich die 15- bis 16-jährigen Gesamtschüler aus dem Hamburger Bezirk Eimsbüttel freiwillig mit ihrem Aufnahmegerät auf Europa-Spurensuche begeben. Sobald die Schule zu Ende war, setzten sie sich mit Europa-Themen auseinander – quasi vor ihrer Haustür. Die Jugendlichen beschäftigten sich mit sämtlichen Ländern des Kontinents.
Der Anfang – alles andere als leicht. „Wir haben festgestellt, dass uns zunächst das Gespür für Europa fehlte, insbesondere für die Europäische Jugendpolitik. Es gab eine gewisse Ratlosigkeit. Wo sollten wir anfangen? Wo berührt Europa unseren Alltag?“, schildert Naeve die Anlaufschwierigkeiten zu Beginn des Projekts.
Ein europäischer Feiertag für alle
Als die Gehirnzellen warm diskutiert waren, gab es für die jungen Reporter kein Zurückhalten mehr. „Nie wieder Krieg, einheitliche Schulsysteme, Wohlstand und gleiche Lebensbedingungen für alle, mehr Spenden für Arme“, so lautete die Grundbotschaft in Richtung Brüssel. Und natürlich gab es auch spezielle Wünsche. Niklas (15) möchte sich endlich an einem europäischen Feiertag ausruhen dürfen. Und auch Kevin (15) will, dass sein Anliegen ernst genommen wird. Wer sollte schon etwas dagegen haben, wenn Europa künftig näher am Meer liegt?
Als Rechercheure in europäischer Mission erkundeten sie die portugiesische Gastronomie vor Ort, befragten Passanten nach dem Für und Wider eines möglichen Türkei-Beitritts oder diskutierten mit Polizisten über den Nationalitäten-Mix im eigenen Stadtteil. „Ich bin schon überrascht, wie stark sich die Jugendlichen bei uns eingebracht haben. Und das beim Thema Europa. Mit so viel freiwilligem Engagement hätte ich nicht gerechnet“, sagt Projektkoordinatorin Naeve.
Europa-Gesandte in jeder Schule
Auch in Niedersachsen, im „Nördlichen Osnabrücker Land“, können sich die Ergebnisse der Jugendlichen während der Europäischen Jugendwoche sehen lassen. In den Samtgemeinden Artland, Neuenkirchen und Fürstenau tauschten sich rund 50 Haupt- und Realschüler der Klassen 9 und 10 über Mobilität, Beteiligungsmöglichkeiten sowie Klima- und Umweltschutz aus. Eurodesk Oldenburg hatte zu den drei Workshops eingeladen. Auf einer gemeinsamen Veranstaltung wurden die Ideen der Jugendlichen zusammengetragen. „Wir freuen uns, der EU-Kommission klare Forderungen mit auf den Weg geben zu können“, erklärt Brigitte Meyer, Projektleiterin bei Eurodesk Oldenburg. „Vielen Jugendlichen liegt vor allem der Natur- und Umweltschutz am Herzen.“ Die weiteren zentralen Themen: Jede Schule soll künftig mit einem Ansprechpartner für Europa-Angelegenheiten ausgestattet werden. Ergebnisse von gelungenen Vorhaben sollten stärker in Form von „best practice“ präsentiert und verbreitet werden. Und auch von den Europa-Abgeordneten wünschen sich die Jugendlichen mehr Präsenz vor den kommenden Europawahlen: „Woher sollen wir sonst wissen, wem wir unser Kreuz geben können?“
Leuchtende Augen bei Jugendinitiativen
Dass die Veranstaltungen zur Europäischen Jugendwoche ein großer Erfolg sind, weil vor allem Informationsdefizite ausgeräumt werden – daran zweifelt auch Peter Höfer nicht. Der Regionalmanager der Region „Nördliches Osnabrücker Land“ sieht dennoch Verbesserungsbedarf. „Die Europäische Kommission muss sich überlegen, wen sie mit ihren Fragestellungen erreichen will. Für Haupt- und Realschüler haben abstrakte Fragen nach Europäischer Jugendpolitik jedenfalls einen deutlich zu akademischen Charakter. Hier muss es niedrigschwelligere Angebote geben“, so Höfer. Dabei sei der konkrete Nutzwert solcher Workshops unbestritten. „Manche haben leuchtende Augen bekommen, als sie hörten, dass es für überzeugende Jugendinitiativen richtig Geld gibt.“
In Hamburg-Eimsbüttel werden die Augen der Jugendlichen spätestens am Dienstag leuchten. Sebastian (16) spürt schon jetzt, wie das Adrenalin stetig steigt. „Live über Europa berichten, das hat was“, sagt auch Max (14). Er hat sich mit den Unterschieden zwischen der Europäischen Union und Europa beschäftigt, die Ergebnisse in einem eigenen Radiobeitrag verarbeitet. Mittlerweile kennt sich Max bestens aus. An Ideen, was er beim nächsten Mal anders machen würde, mangelt es nicht. „Wir dürfen hier nicht immer so durcheinander quatschen“, sagt Max. „Das strengt tierisch an.“
(Marco Heuer)
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Mehr Informationen über „Radio Funkstark“ gibt es unter www.funkstark.de. Die Europa-Sendung der Jugendlichen wird am Dienstag, 18.11, ab 15 Uhr auf Radio Tide 96,0 ausgestrahlt. Das Programm kann per Livestream unter www.tidenet.de gehört werden.
Die ausgestrahlte Sendung wird anschließend als CD an Bezirkspolitiker und Entscheidungsträger gesandt.
Die Seiten von Eurodesk Oldenburg (www.eurodesk-oldenburg.de) befinden sich derzeit noch im Aufbau. Informationen zu Europa finden sich unter www.europedirect-oldenburg.de.
Hintergründe zur Europäischen Jugendwoche finden Sie unter www.youthweek.eu.
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