22.07.2009
EFD - Von Suhl nach Liverpool
Studium oder Ausbildung? Vor dieser Frage stehen viele junge Menschen nach dem Abitur. Die Zeit im Europäischen Freiwilligendienst kann helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.
Den Wunsch, nach dem Abitur zunächst ein Freiwilliges Jahr im europäischen Ausland zu verbringen, hatte Tina schon länger. Sie war durch ihre ehrenamtliche Arbeit für das Deutsche Rote Kreuz sehr früh mit unterschiedlichen Feldern der Sozialarbeit in Berührung gekommen. Da sich Tinas soziales Engagement in ihrer thüringischen Heimatstadt Suhl mit der Neugier auf die unterschiedlichen Kulturen innerhalb Europas paarte, lag der Gedanke nahe, ein Jahr als Europäische Freiwillige im Ausland zu verbringen.
„Ich wollte mein Europagefühl mit Leben füllen“, erklärt die junge Thüringerin ihre Motivation. Im Rahmen der Kooperation der DRK-Schwesternschaft in Bonn mit dem Britischen Roten Kreuz kam Tina nach Liverpool. In der Großstadt im Nordwesten Englands arbeitete sie für das „Youth Department“ des British Red Cross – und aus den zwölf Monaten entwickelte sich eine entscheidende Weichenstellung für ihren persönlichen und beruflichen Werdegang.
Abwechslungsreiche Aufgaben
„Mein Arbeitsalltag bestand sowohl aus Büroarbeit als auch aus Kontakten mit den Menschen vor Ort“, erklärt Tina. Kern ihrer Aufgabe war der Besuch an Schulen, wo die frisch gebackene Abiturientin sechs bis 18-jährige Schülerinnen und Schüler in punkto Erster Hilfe anleitete. Gemeinsam mit einem Freiwilligen aus Finnland trat Tina vor die Klasse und vermittelte den Schülern zudem im Rahmen des Sozialkundeunterrichtes Kenntnisse über Menschen- und Bürgerrechte. Sprachprobleme hatte sie dabei kaum. „Ich hatte Englisch zwar nach der zehnten Klasse abgewählt und war zunächst etwas unsicher, aber das hat sich schnell gelegt.“
Mit zunehmender Zeit konnte Tina in der Schule immer selbstständiger arbeiten. Während das deutsch-finnische Freiwilligengespann in der Anfangszeit noch von Mitarbeitern des British Red Cross begleitet wurde, betreuten beide später jeweils eine eigene Gruppe. Die Tätigkeit beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Arbeit mit den Schülern. So arbeitete Tina mit anderen Freiwilligen zusätzlich in einem Flüchtlingsprojekt.
„Wir unterstützten Jugendliche beim Start in ein neues Leben. Die jungen Flüchtlinge sollten das Gefühl verlieren, in einem fremden Land völlig hilflos und alleine zu sein. Wir haben ihnen geholfen, sich in ihrem neuen Leben zurechtzufinden und waren Ansprechpartner in kritischen Situationen“, blickt sie auf einen weiteren interessanten Bereich ihrer Arbeit in Liverpool zurück.
Intensive Kontakte und neue Freunde
Durch den Dienst aber auch durch die Treffen mit anderen Freiwilligen ergaben sich immer mehr soziale Kontakte und schließlich auch neue Freundschaften. Diese Entwicklung beschleunigte nicht nur das Vorbereitungsseminar, sondern auch ein „Midray-Seminar“ in London. Dort trafen sich 25 Freiwillige des Deutschen Roten Kreuzes, die über die gesamte Insel verteilt eingesetzt waren, nach etwa der Hälfte ihre Dienstzeit zu einem intensiven Erfahrungsaustausch. Das Treffen förderte die Gemeinschaft und es entstand ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl. In der Folge intensivierten die Jugendlichen ihre Reisetätigkeit. Man besuchte sich gegenseitig, Tina unternahm Trips nach Schottland und Irland.
Bis heute glühen die Drähte sowohl auf die Insel als auch zu anderen Freiwilligen auf dem europäischen Festland: Die Kontakte lassen sich auch dank Facebook gut pflegen. Erst vor wenigen Monaten war Tina nochmals in Liverpool, um ihre englischen Freunde zu treffen und die Erinnerungen aufzufrischen.
Träume werden wahr
„Für mich war das Jahr in Liverpool in jeder Hinsicht ein Erfolg. Ich habe mich persönlich sehr weiter entwickelt und auch mein Charakter hat sich verändert. Darüber hinaus habe ich erfahren dürfen, dass sich meine Träume und Ideen realisieren lassen. Außerdem hat der Aufenthalt und die Arbeit im sozialen Bereich meine Haltung bestätigt, in einem ähnlichen Umfeld weiter arbeiten zu wollen. Vor allem habe ich ein Bewusstsein dafür entwickelt, wie sinnvoll die Arbeit von Non-Profit-Organisationen ist“, sagt Tina.
Zwar hat sie nach der Rückkehr aus England zunächst ein Studium im Fachbereich „Public Management“ in Nordhausen aufgenommen. Doch inzwischen hat Tina ihren Entschluss korrigiert und folgt ihrer Neigung: „Ich werde mein Studium nach Ende des Sommersemesters aufgeben. Stattdessen beginne ich eine Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin. Schließlich ist die Berufswahl auch eine Entscheidung, die Herz und Verstand in Einklang miteinander treffen sollten.“
(Michael Sachse)
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Informationen zur Kooperation zwischen der DRK-Schwesternschaft in Bonn und dem Britischen Roten Kreuz finden Sie hier.
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