11.11.2009

JiVE-Projektbörse: Eine Wiege für internationale Projekte

Aus 25 Ländern kamen die Teilnehmer der Tagung „JiVE-Partnership Building Activity“ nach Berlin gereist. Fast alle arbeiten im Alltag mit jungen Migrantinnen und Migranten und wollten internationale Kooperationspartner mit ähnlichen Schwerpunkten finden um gemeinsame Projekte zu planen.

(Berlin, Oktober 2009) „Ich will meine Erfahrungen mit anderen teilen und suche Gleichgesinnte, mit denen ich gemeinsam neue Ideen umsetzen kann.“

„Ich möchte mehr über die Arbeit mit jungen MigrantInnen erfahren und suche zunächst Verbündete für einen künftigen Jugendaustausch.“

„Ich bin überzeugt davon, viele Kontakte zu knüpfen und glaube, dass dieses groß angelegte Treffen dazu beiträgt, dass meine Organisation neue Wege beschreiten wird.“

Die Erwartungen an die Veranstaltung „Partnership Building Activity“, zu der die 53 Teilnehmer vier Tage in Berlin verabredet hatten, waren also enorm und kündeten gleichzeitig von der hohen Motivation der Besucher.

Die Partnerbörse war ein Baustein des JiVE-Projekts von IJAB und JUGEND für Europa mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen Trägern der internationalen Jugendarbeit und der Jugendmigrationsarbeit zu verbessern und zu stärken um dadurch die Anzahl von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Maßnahmen der internationalen Jugendarbeit zu erhöhen

Optimal vorbereitet

Die Organisatoren der internationalen Partnerbörse hatten die Teilnehmer schon im Vorfeld der Veranstaltung gebeten, sich und ihr Arbeitsprofil kurz vorzustellen. Fast alle nahmen diese Möglichkeit wahr und präsentierten sich und ihre Organisation per Newsletter. So erhielten alle Beteiligten schon Wochen vor Beginn des Treffens mehrmals detaillierte Informationen via E-Mail. Die Teilnehmer stellten nicht nur sich und ihre Arbeit vor, sondern formulierten auch, mit welchen Hoffnungen sie die Veranstaltung besuchen würden. Das hatte den immensen Vorteil, schon vorher zu wissen, auf wen man trifft. Einige Teilnehmer nutzten die Nachrichtenbörse auch dazu, den gegenseitigen Kontakt über E-Mail oder Facebook zu initiieren. Ein Schachzug, der einige Tagungsgäste noch schneller zueinander führte und die spätere Partnersuche erleichterte.

Um es vorweg zu nehmen: Die beiden Moderatoren Anita Silva und Jo Claeys trafen auf ein dankbares Auditorium. Und diese Vorlage wussten sie routiniert und engagiert zu nutzen. Die Teilnehmer waren nicht nur bereit, über ihre eigenen Erfahrungen in der Arbeit mit jungen Migrantinnen und Migranten zu berichten und ihr Wissen zu teilen, sondern auch entschlossen, möglichst viel mitzunehmen: Neue Erkenntnisse, praktische Informationen und – natürlich – Kontakte, die sich in konkrete Projekte ummünzen lassen.

Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten

Das Programm bot in der Anfangsphase eine Kombination aus lockerem Kennenlernen und nützlichem Informationsfluss. Nach einem Input zum Thema interkulturelles Lernen folgte das spielerische Aufeinanderzugehen: „Who is Who?“ lautete die ebenso simple wie treffende Frage. Die Partnersuche erleichterte auch der gruppendynamisch angelegte erste Abend unter dem Motto „Similarity Hunt“.

Die meisten Besucher waren als Mitarbeiter oder Koordinatoren einer Nichregierungsorganisation dabei. Große Unterschiede ergaben sich lediglich hinsichtlich der Erfahrung. Während einige bereits über große Routine mit Projekten im Bereich Jugendarbeit und/oder Migration verfügten, schätzten sich andere noch als relativ unerfahren ein.

Auf Pinwänden konnten sich die Teilnehmer zuordnen und gaben Antworten auf essentielle Fragen: Mit welchen Themen beschäftigt sich meine Organisation? Welche Aufgaben nehme ich wahr? Wer zählt zu meinen Zielgruppen? Über wie viel Erfahrung verfüge ich in der Projektarbeit? Die Themen, mit denen sich die Mehrzahl auseinandersetzt, kristallisierten sich rasch heraus: Jugendarbeit, Partizipation, Bildung, Migration, Menschenrechte, Kultur und Minderheiten.

15 Arbeitsgruppen auf dem Weg zu Projekten

In der Folge vermittelten die Moderatoren weitere nützliche Informationen zu verschiedenen Schwerpunkten. So erfuhren die Besucher beispielsweise Grundsätzliches über internationale Jugendarbeit und was bei der Planung und Durchführung internationaler Projekte zu beachten ist. Anhand eines Projektbeispiels, in dem es um eine Gruppe ghettoisierter Jugendlicher (meist aus Angola oder Mozambique stammend) in Lissabon ging, konnten die Teilnehmer ganz praktisch erfahren, wie internationale Jugendarbeit als Teil eines längerfristigen Projekts zur Integration genutzt wird. Anschließend unterbreiteten die Teilnehmer eigene Projektvorschläge. In insgesamt 15 Arbeitsgruppen wurde jeweils ein Projekt von potenziellen Kooperationspartnern diskutiert und auf den Weg gebracht.

Die Partner stimmten dabei die wesentlichen Bausteine ihrer Allianz ab. Dabei ging es vor allem um das Profil der am jeweiligen Projekt beteiligten Jugendlichen, um klar definierte Ziele, den zeitlichen Rahmen, die Aufgabenverteilung unter den beteiligten Organisationen, die finanzielle Beteiligung und die avisierten Ergebnisse eines potenziellen Projekts.

Viele Projekte auf der sicheren Seite

Während sich einige Teilnehmer erst in Berlin inspirieren lassen wollten, waren andere bereits mit konkreten Vorstellungen angereist. Der Italiener Emanuele Nargi kam zum Beispiel mit einem weitgehend ausgearbeiteten Rahmenkonzept aus London an die Spree. Sein Theaterprojekt unter dem Titel „I-Migrate“, das sich dem Thema Migration künstlerisch nähert, fand sofort viele Mitstreiter. An diesem Projekt werden sich voraussichtlich Einrichtungen aus zehn europäischen Ländern beteiligen.

Eine weitere Gruppe sondierte die Möglichkeiten für einen „African Voluntary Service“ nach dem Vorbild des Europäischen Freiwilligendienstes. Andere Projekte wie „MBCE – Let’s Include Us“ setzten auf die Dynamik des Austauschs von Jugendarbeitern ganz unterschiedlicher Herkunft zum Thema Migration. Die Antragsteller Myriam Brahmi und Djilal Kabeche aus Frankreich möchten dabei ihre Rolle als Mittler im Dialog unterschiedlichster Kulturen wahrnehmen. Sie vertreten die Organisation AMSED (Association Migrations Solidarités & Echanges pour le Développement), die als erfahrener Träger im internationalen Jugendaustausch gilt. Für dieses Projekt haben sich Jugendarbeiter aus 18 Ländern interessiert.

Andere Projekte bestehen aus weniger Teilnehmern. So verabredeten Tanja Fatia Salem aus Deutschland und Mahad Omar Sheikh Musse aus Finnland einen Jugendaustausch (siehe Projektbeschreibung), der im kommenden Jahr in Hamburg stattfinden wird. Beide hatten sich schon vorher per E-Mail kennen gelernt und ihre Pläne ausgetauscht. Sie konnten in Berlin viele weitere wichtige Schritte besprechen.

Vertreter aus mehreren osteuropäischen Staaten verabredeten ein Projekt, das sich dem Demokratisierungsprozess in Albanien, Ungarn, Russland und Litauen widmet. Sie möchten ihre unterschiedlichen Meinungen zum Verständnis von Demokratie austauschen und nach gemeinsamen Vorstellungen zum Demokratisierungsprozess suchen. Ihr Ziel ist ein gemeinsames Treffen im Oktober 2010 in Tirana.

Reichlich Lob …

Das Echo auf die Veranstaltung fiel bei den Teilnehmern überwiegend positiv aus. Fast alle bewerteten die Möglichkeit, viele Leute kennen zu lernen und sich mit Menschen auszutauschen, die in einem anderen Land in einem vergleichbaren Umfeld arbeiten, als überaus gewinnbringend. Fabienne Steioff, die in Frankfurt am Main für den Verein „LAG Soziale Brennpunkte Hessen e.V.“ mit Jugendlichen arbeitet, meinte stellvertretend für viele andere: „Durch den intensiven Austausch mit so vielen Menschen aus unterschiedlichen Ländern habe ich für meine Arbeit neue Erkenntnisse gewonnen und nehme jede Menge neue Optionen mit nach Hause.“

Petre Mrkev aus Mazedonien, der die Organisation „Council for Prevention of Juvenile Delinquency – SPPMD“ vertrat, lobte insbesondere die professionelle Vorbereitung: „Die Newsletter waren wichtig für mich. So konnte ich schon am Schreibtisch sondieren, mit wem ich in Berlin in Kontakt treten möchte. „In Berlin habe ich mich gut aufgehoben gefühlt. Das Programm war produktiv und zielorientiert.“

„Ich war das erste Mal auf einem solchen Treffen. Für mich war das eine großartige Erfahrung, die ich für meine Arbeit unbedingt nutzen werde. Und das Allerwichtigste war für mich: Ich habe viele Partner gefunden, mit denen ich intensiv in die Projektplanung einsteige“, lautete das rundum positive Fazit von Simas Gerdvila aus Litauen, der sich in seiner Heimat für die europäische Studentenvereinigung „ELSA“ engagiert.

 … und wenig Tadel

Peter Schmittdiel vom „Ökumenischen Sozialzentrum St. Martin Haus Marburg“ leistet Jugendarbeit in einem sozialen Brennpunkt und war von der Idee einer Partnerbörse zwar begeistert, stellte aber im Laufe der vier Tage fest, dass er zu unvorbereitet angereist war: „Ich hatte zu wenige Vorkenntnisse und hätte wahrscheinlich wie viele andere schon im Vorfeld meine Vorstellungen von möglichen Projektbeteiligungen entwickeln müssen. Außerdem fand ich die Themenvielfalt zu groß. So viel Input konnte ich in den vier Tagen überhaupt nicht aufnehmen.“

Für die Moderatoren der Partnerbörse ist die Arbeit mit dem Ende der Veranstaltung noch nicht erledigt. Sie stehen weiterhin in intensivem Kontakt mit den Antragstellern und den Projektnehmern. Bis zur Umsetzung der einzelnen Projekte werden sie noch eine Vielzahl an Teilnehmern coachen und bei der Überwindung unterschiedlicher Hürden behilflich sein.

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