17.03.2010

Fachforum Europa 2010 - Humor und Utopien bitte

Zum vierten Mal fand das Fachforum Europa statt. Wieder kamen Praktiker und Experten aus der formalen und nicht formalen Bildung, aus Politik und Wissenschaft zusammen und forschten nach neuen Impulsen für die europabezogene Jugendbildung

So kann man für Europa begeistern. Das dachten am Ende wohl viele der rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des diesjährigen Fachforums Europa in Bonn. Der Däne Claus Haugaard Sørensen hatte dem Publikum soeben einen Einblick gegeben in das mit Anekdoten üppig gespickte Leben eines EU-Generaldirektors für Kommunikation (siehe Interview).

Zugegeben, mit dem vereinbarten Thema, über den Umgang mit Konflikten zu sprechen und die Selbstdarstellung der EU kritisch zu beleuchten, hatte das nichts zu tun. Weniger unterhaltsam war es deshalb jedoch nicht. Vor allem als Sørensen auf seiner Tour d´Europe auf die fehlgeschlagene Bewerbung der Bulgarin Rumiana Jelewa für das Amt der EU-Kommissarin für internationale und humanitäre Hilfe zu sprechen kam.

Sehr hübsch sei es gewesen, die Dame in einem Clip auf You Tube tanzen zu sehen, sagte der Däne mit dem ihm unverwechselbaren Charme auf Deutsch-Dänisch, andererseits hätten die tänzerischen Qualitäten von Frau Jelewa das Europäische Parlament trotzdem nicht milde stimmen können. "Schade für Frau Jelewa, dass sie nicht so richtig Ahnung hat", so Sørensen.

Vorträge, Präsentationen, Arbeitsgruppen

Abwechslungsreich präsentierte sich das Fachforum mit seiner Mischung aus Fachvorträgen, Projektpräsentationen und Arbeitsgruppen. Andreas Marchetti, Wissenschaftler am Zentrum für Europäische Integrationsforschung in Bonn, räumte in einem wohltuend präzise ausgearbeiteten Vortrag mit den guten und schlechten Mythen des Lissabon-Vertrags auf. So löse der neue Vertrag zwar weder vollständig die institutionellen Probleme der EU, noch garantiere er künftig eine bessere europäische Politik. Auf der anderen Seite könne aber auch nicht von einer weiteren "Brüsselisierung", einer Militarisierung der EU oder der Heraufbeschwörung eines europäischen Bundesstaats die Rede sein, so Marchetti.

Zum Teil hitzige Diskussionen gab es in den Arbeitsgruppen – allen voran in dem von Ali Fathi von "Diversity Works" geleiteten Migrations-Workshop. Auf die Frage, was politische Bildung denn im Hinblick auf Integration und Migration zu leisten imstande ist, gab es viele Antworten, aber eben noch mehr Fragen.

Deutlich ruhiger ging es in der Arbeitsgruppe von Jana Schröder zu. Die Referentin der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) thematisierte in ihrem Workshop den neuen Rahmen der jugendpolitischen Zusammenarbeit in Europa – und avancierte zur Mutmacherin für oft unverständliche Papiere aus Brüssel. "Die neue EU-Jugendstrategie ist essenziell. Es ist wichtig, sich mit dem Thema näher auseinander zu setzen. Für uns Multiplikatoren ist das ein Muss", sagte Barbara Hämmerle von der österreichischen Nationalagentur in Wien.

Fachforum stärkt Netzwerke

Und sonst? Frank Burgdörfer, Mitinhaber von x³, einer Berliner Agentur für Politische Bildung und Interkulturellen Dialog, fehlten die Innovationen und Utopien. "Ich würde gerne auf dem Projektmarkt mehr Projekte sehen, die wirklich aus der Reihe fallen", fordert er Mut zum Risiko ein.

Die meisten Teilnehmer wollen Burgdörfers Einschätzung aber so nicht teilen. "Ich gehe zufrieden nach Hause. Ich dachte zwar, ich bekomme noch mehr Praxis geboten und noch mehr Methoden an die Hand. Aber so habe ich viel diskutieren können. Das hatte ich vorher gar nicht erwartet", sagt Stephan Schwieren, Referent für Internationale Jugendarbeit im Haus am Maiberg in Heppenheim.

"Ich habe eine Menge neuer Kontakte geknüpft, da muss ich in den nächsten Monaten erst einmal einiges abarbeiten", ist auch Martin Wilhelm zufrieden. Der Promotionsstudent der Politikwissenschaften aus Berlin hatte in Bonn seine vote-exchange-Initiative vorgestellt (siehe Interview) und seinen Besuch für 2011 gleich mal vormerken lassen.

Es geht weiter...

Bleibt die Frage: Wie lässt sich Europa richtig vermitteln? Eine Idee präsentierte die Studentin Theresa Mast. Während des Projektmarkts erläuterte sie das Konzept von "Model European Union 2020", einem europäisch angelegten Planspiel, das das Mitentscheidungsverfahren zwischen Rat und Parlament in Straßburg simuliert. Bei solch komplexen Sachen lassen sich aber selbst Konzepte nicht einfach vermitteln. Ein Film-Trailer beantwortet die bohrenden Fragen des Publikums.

Und so werden auch in Zukunft weiter neue Antworten gefunden werden auf die Frage, wie sich Europa am besten vermitteln lässt. Und auch das Fachforum Europa geht weiter. Die Veranstalter arbeiten an einer neuen Auflage des Handbuchs "Europa vermitteln". Neben Fachbeiträgen, aktuellen didaktischen Ansätzen und Projektbeispielen werden auch Kurzportraits der Organisationen publiziert, die in der europapolitischen Bildung aktiv sind (siehe Aufruf).

Claus Haugaard Sørensen könnte darüber schreiben, wie wichtig Humor in der Europavermittlung ist.

(Marco Heuer)

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Veranstaltet wurde das "Fachforum Europa" von JUGEND für Europa, der Bundeszentrale für politische Bildung, dem Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland und der Europäischen Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar.

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