17.03.2010

Interview: "Fußball + Europa = Begeisterung"

Eine Plattform sein für Fachkräfte aus der europabezogenen Jugendbildung und neue Impulse liefern – das war das Ziel des Fachforums Europa, das in diesem Jahr in Bonn stattfand. Zusammen kamen wieder einmal Praktiker und Experten aus der formalen und nicht formalen Bildung, aus Politik und Wissenschaft.

Marco Heuer hat sich unter den Teilnehmern umgehört. Ein Interview mit Krystelle Lochard, Projektmanagerin bei der streetfootballworld gGmbH.

Frau Lochard, Europafachtagung und streetfootballworld – wie passt das zusammen?

Sehr gut würde ich sagen. Wir sind eine Nicht-Regierungsorganisation, die in den Bereichen Entwicklung und Bildung durch Fußball arbeitet. Eine unserer Hauptaufgaben ist es, ein europa- und weltweites Netzwerk zu betreuen.

Die Netzwerkmitglieder sind Organisationen, die dann lokal vor Ort meistens mit benachteiligten Jugendlichen zusammenarbeiten. Sie alle nutzen Fußball als "tool", um an die jungen Menschen heranzukommen und soziale Programme in den Bereichen Anti-Diskriminierung, Soziale Integration und Gesundheitsförderung umzusetzen.

Trotzdem unterscheidet sich Ihr Fußball von dem, wie wir ihn eigentlich kennen. Erläutern Sie uns bitte kurz die Spielregeln.

In erster Linie geht es um fairplay-Fußball. Es gibt keinen Schiedsrichter. Die Jugendlichen kommen vor jedem Spiel zusammen, um sich für gewisse Regeln zu entscheiden. Die Teams sind gemischt. Jungen und Mädchen spielen gemeinsam in 5er oder 6er Teams. Ein Match dauert zehn Minuten. Nach dem Spiel wird diskutiert. Wie war das Verhalten auf dem Fußballfeld? Wer hat besonders fair gespielt? Solche Fragen entscheiden dann, wer als Sieger vom Platz geht.

streetfootballworld veranstaltet auch eigene Projekte. Welches würden Sie mit Bezug auf Europa als besonders gelungen ansehen?

Im Mai 2009 haben wir in Foča, in Bosnien und Herzegowina, das zweite europäische Straßenfußballturnier organisiert. Fünf Tage lang. Da gab es eine Vielzahl von Aktivitäten, die darauf ausgerichtet waren, interkulturellen Dialog, Verständigung und Freundschaft unter den Jugendlichen zu fördern. Ingesamt waren 24 Jugenddelegationen aus 16 europäischen Ländern vertreten.

Was ist mit dem Projekt "Euroschools 2008"?

Das kann man in diesem Zusammenhang sicherlich auch nennen. Bei diesem Projekt, das übrigens aus dem Programm JUGEND IN AKTION gefördert wurde, gab es eine Partnerschaft mit der UEFA und dem Europarat. Mitgemacht haben über 200 Schulen in der Schweiz, Österreich und Liechtenstein. Anlass war die Fußball-Europameisterschaft.

Die Schulen übernahmen die Botschafterrolle für die 53 in der UEFA repräsentierten Länder, beschäftigten sich mit Fragen des interkulturellen Dialogs und spielten in gemischten Teams um den Titel des Europameisters. Natürlich nach fairplay-Regeln.

Auf der Europa-Fachtagung wollten Sie Ihr berufliches Netzwerk ausbauen. Ist das gelungen?

Ich fahre zufrieden nach Hause. Ich habe Projektverantwortliche kennengelernt, die wie wir auf dem Balkan aktiv sind. Da könnte es in Zukunft Kooperationen geben. Auch sonst haben mir die inhaltlichen Beiträge gefallen.

Was würden Sie besonders hervorheben?

Die Worte des EU-Generaldirektors für Kommunikation, Claus Sørensen, hallen bei mir noch nach. Eingestehen, dass die EU manchmal ein Vermittlungsproblem hat, da hat Herr Sørensen schon recht. Umso mehr fühle ich mich durch solche Aussagen aber für meine eigene Arbeit ermutigt. Mit Fußball können wir Begeisterung wecken. Europäische Bürgerschaft kann so gelebt werden.

Gefallen haben mir auch die Ausführungen des Wissenschaftlers Andreas Marchetti zum Lissabon-Vertrag. Zwar gibt es den Text inzwischen, aber der Vertrag ist noch nicht festgeschrieben. Es gibt viel Spielraum für Inhalte, und die müssen von der Zivilgesellschaft genutzt werden. Warum nicht auch durch Fußball.

Wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf für die Fachtagung?

Für die Kleingruppenarbeit hätten wir manchmal einen Moderator gebraucht oder jemanden, der noch einmal einen inhaltlich Input liefern kann. Da haben wir uns in meiner Gruppe – Europa und die Welt – ein bisschen verloren. Mehr Struktur hätte der Diskussion sicherlich gut getan.

Eine letzte Frage zum Abschluss: Wer wird Fußball-Weltmeister 2010?

Südafrika.

Und wer gewinnt die fairplay-Wertung?

Ich kenne mich nicht wirklich mit Profi-Fußball aus. Deshalb schweige ich jetzt.

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Mehr Informationen zu streetfootballworld gibt es unter www.streetfootballworld.org.

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