26.05.2010

"Der Balkan holt auf" - Interview mit Sonja Mitter, Slowenien

Im April 2002 gründete Sonja Mitter das SALTO South East Europe Resource Center (SALTO SEE) im slowenischen Ljubljana – eines von drei regionalen SALTO-Centern europaweit. SALTO SEE soll die Zusammenarbeit mit Südosteuropa innerhalb des EU-Programms JUGEND IN AKTION fördern und unterstützen.

Marco Heuer sprach mit Sonja Mitter über Schwierigkeiten und Herausforderungen auf dem Balkan, knappe Budgets sowie das Verhältnis zu den Nationalagenturen.

Frau Mitter, das EU-Programm unterscheidet zwischen Programmländern und Benachbarten Partnerländern. Sie kümmern sich um die Partnerländer des ehemaligen Jugoslawien plus Albanien, aber ohne Slowenien, das bereits Programmland ist. Was hat sich in den letzten acht Jahren getan?

Die heutige Situation ist mit 2002 nicht mehr zu vergleichen. Vor acht Jahren war das Programm für den Balkan geöffnet worden. Damals mussten und wollten die Nationalagenturen Projekte mit den Regionen organisieren. Aber das war alles andere als einfach. Bis auf die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Bosnien gab es nur wenige Partnerschaften.

Wir haben deshalb beim Kontaktaufbau geholfen und Partnerbörsen veranstaltet. Ziel war es, das Programm in der Region bekannt zu machen. Wir mussten erst einmal so grundlegende Themen wie Grundlagen der Projektarbeit erklären. Und wir haben auch mit Trägern und Multiplikatoren zusammen gesessen, um gemeinsam Ideen für Projekte zu entwickeln.

Und acht Jahre später…

… hat sich vieles doch schon sehr gut entwickelt. Es gibt inzwischen genügend Projekte in unseren Ländern. Über die Aktion 3.1 beispielsweise, der Zusammenarbeit mit den Benachbarten Partnerländern, werden deutlich mehr Anträge gestellt als angenommen. 30 bis 50 Prozent werden vielleicht gerade mal bewilligt.

Das ist am Ende aber eine Schwierigkeit, die die Nationalagenturen bewältigen müssen. Ich stelle es mir nicht schön vor, qualitativ hochwertige Anträge ablehnen zu müssen.   

Sind Sie neidisch auf die Möglichkeiten, die ihre KollegInnen in den Programmländern haben?

Fakt ist: In den Programmländern sitzen die Nationalagenturen. Und die können die Organisationen viel stärker unterstützen, als wir das tun können. In Ländern wie Serbien, Montenegro oder Mazedonien gibt es nur uns als SALTO. Da klaffen die Bedürfnisse dann sicher auseinander. Was in unserer Region als Unterstützung notwendig wäre, ist in einem Programmland möglicherweise kein Thema.

Geben Sie uns doch bitte mal ein Beispiel, wo es hakt.

Nehmen wir den Youthpass. Auch wir wollen, dass die Zertifizierung non-formaler und informeller Lernerfahrungen in den benachbarten Partnerländern vorankommt. Die Nationalagenturen bieten in ihren Ländern eine Reihe unterstützender Maßnahmen an. Aber in der Region gibt es nur uns.

Wir bräuchten mehr Mittel, um Veranstaltungen durchzuführen. Zuletzt hatten sich die Nationalagenturen von Deutschland, Frankreich, Griechenland und Portugal zusammengetan, um bei uns einen Trainingskurs zum Youthpass zu organisieren. Ein Trainingskurs für fünf Länder. Das ist natürlich nicht viel.

Beim EVS übernehmen Sie Aufgaben, die klassischerweise in den Bereich der Nationalagenturen fallen, zum Beispiel die Akkreditierung von Organisationen oder Trainingskurse für Freiwillige. Ist SALTO dann doch eine Art kleiner Agentur?

Auch hier lässt sich der Unterschied gut aufzeigen. Sobald es Schwierigkeiten mit einer Akkreditierung gibt, kann die Nationalagentur reagieren. Wir haben diese Ressourcen nicht. Wir können erst eingreifen, wenn sich die Probleme wirklich massiv gehäuft haben.

Insgesamt also alles eine Frage des Geldes?

Unser Jahresbudget ist sicherlich nicht gerade üppig für das, was wir an Aktivitäten auf die Beine stellen. Wenngleich es auch andere Töpfe gibt. Wenn wir zum Beispiel die begleitenden Trainings für Freiwillige im Rahmen des EVS durchführen, zahlen die Nationalagenturen. Insgesamt bleibe ich aber dabei: Uns fehlt das Geld.

Was würden Sie denn mit mehr Geld machen?

Ich würde das Geld direkt in der Region investieren. Mehr Kurse für Projektmanagement, Trainings zur Projektfinanzierung. Wir könnten dann auch Schwerpunkte des Programms wie "Inclusion" zielgerichteter unterstützen. Und Studienfahrten – so wie jetzt in den Kosovo – sollten ausgebaut werden.

Letztlich könnte SALTO mehr dafür tun, Prioritäten des Programms (wie die aktive Beteiligung junger Menschen in der Gesellschaft, Achtung kultureller Vielfalt usw.) in der Entwicklung von Jugendpolitik allgemein in den Balkanländern besser zu verankern.

Kroatien wird voraussichtlich am 01.01.2011 Programmland. Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit den anderen Ländern auf dem Balkan?

In Serbien, Mazedonien oder Bosnien wird das Programm sehr gut genutzt von den Organisationen. Was die Zahl der Anträge und die Zahl der Projekte betrifft, sind diese Länder am weitesten.

In Albanien ist das Interesse groß. Die Teilnahme am Programm ist aber immer noch gering. Hier müssen wir als SALTO vor allem Grundlagenarbeit leisten. Wie stellt man einen Antrag? Was heißt Partizipation oder nicht-formales Lernern? Das sind Fragen, die wir in Albanien immer wieder zu hören bekommen.

Am wenigsten wird das Programm zur Zeit noch im Kosovo genutzt.

Gibt es einen Austausch mit den anderen SALTO-Büros?

Den gibt es. Wir treffen uns einmal im Jahr, planen mit anderen SALTOs auch gemeinsame Veranstaltungen. Insgesamt würde ich mir noch mehr Austausch wünschen – vor allem mit den beiden anderen regionalen SALTOs, dem Büro für mediterrane Länder (Euro-Med) sowie dem Büro für Osteuropa und den Kaukasus. Aber das ist immer auch ein zeitliches Problem. Da geht es uns nicht anders wie anderen.

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Mehr Informationen zum SALTO South East Europe Resource Centre gibt es unter www.salto-youth.net/rc/see/.

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