17.04.2012
Stadt Karawane Leipzig – eine Jugendinitiative schuf den Grundstein zum Erfolg
Als eine von JUGEND für Europa geförderte Jugendinitiative startete die "Stadt Karawane Leipzig" vor rund einem Jahr. Inzwischen läuft das Projekt so erfolgreich, dass das junge Studenten-Team einen eigenen Verein gründen will. Das Ziel: eine immer spannendere Expedition zu dem, was Leipzig tatsächlich ausmacht – nämlich den Leipzigern.
JUGEND für Europa interviewt Lisa Füchte. Sie ist eines von sieben Projektmitgliedern der Stadt Karawane.
Ein Gespräch, wie man unvorhersehbare Begegnungen vorbereitet, welche Herausforderung auf einen warten, wenn man ein solches Projekt organisiert und wie wichtig es ist, dass es Fördermöglichkeiten wie Jugendinitiativen gibt.
Lisa, was ist die Idee hinter der Stadt Karawane?
Die Grundidee ist ganz simpel: In einer kleinen Gruppe werden drei Leipziger besucht und man erhält so einen Einblick in das Leben unterschiedlicher Menschen.
Und wie funktioniert sie konkret?
Das ist auch ganz einfach: Die Gäste melden sich auf unserer Website an. Meistens beginnen die Karawanen gegen Mittag bei einem von uns zu Hause. Die Gruppe lernt sich beim Kaffee kennen, das Team erklärt den Ablauf. Und dann geht´s auch schon los. Ausgerüstet mit Stadtplan und Wegbeschreibung machen sich unsere Gäste auf den Weg zu drei ganz verschiedenen Leipzigern. Von A nach B kommen sie mit der Tram. Sie können aber auch ihre eigenen Fahrräder nutzen.
Wer von Euch kam auf die Idee für das Projekt?
Die Idee stammt ursprünglich aus den Niederlanden. Sarah, eines unserer Teammitglieder, hatte dort an einem ähnlichen Projekt teilgenommen und davon erzählt.
Die meisten von uns waren gerade erst nach Leipzig gezogen. Wir hatten uns durchs Studium kennen gelernt und fanden das Konzept spannend. Schließlich bot es uns die Möglichkeit, durch Gespräche mit Leipzigern unsere neue Heimat besser kennen zu lernen.
So geht es anderen Leuten bestimmt auch, haben wir uns gedacht und kurzum beschlossen wir, die Stadt Karawane in Leipzig umzusetzen.
Wie wählt Ihr Eure Gastgeber aus?
Wichtig ist uns, dass wir ganz unterschiedliche Leute dabei haben. Da sind die Künstler. Aber auch Christiane, Vorsitzende des Leipziger Blindenverbandes, oder Jens mit seiner Autowerkstatt, gehören zu unseren Gastgebern. So verschieden wie die Partner sind, war übrigens auch die Art, wie wir mit ihnen Kontakt aufgenommen haben.
Manche haben wir gezielt angeschrieben, andere auf der Straße angesprochen. Der eine oder andere kam sogar von sich aus auf uns zu. Einige nahmen dann erst mal selbst an einer Stadt Karawane teil, bevor sie andere bei sich empfangen haben. Meistens fiel die Reaktion auf unsere Anfragen sehr positiv aus.
Viele hatten vom ersten Kontakt an große Lust, als Gastgeber mit dabei zu sein. Inzwischen sind es schon mehr als 20, die ehrenamtlich mit uns zusammen arbeiten.
Wie könnte so ein typischer Karawanen-Tag aussehen?
Die Gruppe könnte sich beispielsweise zunächst im Ubiquity-Theater am Schauspiel ausprobieren. Dann könnte uns die Reise quer durch die Stadt zum "Fundbuero" bringen, wo es auch, aber eben nicht nur um Fundsachen geht. Mehr will ich an dieser Stelle gar nicht verraten. Letzte Station könnte Heides Wohnzimmer sein, wo sich alle zusammen bei Kaffee und Kuchen über Lebenserfahrung, Gendern und Vereinsarbeit austauschen.
So kann es ablaufen, muss es aber nicht. Jede Karawane ist anders, jedes Gespräch verläuft unterschiedlich. Wir machen bewusst keine Vorgaben. Und das ist in unseren Augen auch das Besondere an der Stadt Karawane.
Welche Stadt Karawane war besonders spannend?
Eine Karawane für eine 40-köpfige deutsch-polnische Tandemsprachgruppe zu organisieren – das hat uns schon einiges abverlangt. Da haben wir unsere Ressourcen wirklich bis zum letzten ausgereizt. Als nach vollendeter Karawane aber schließlich die ganze Gruppe bei mir im Garten saß und uns ein sehr positives Feedback gab, da waren wir alle mächtig stolz und glücklich.
Wenn Ihr zurück blickt, was hat bei dem Projekt die meisten Schwierigkeiten gemacht?
Die größte Herausforderung war der Anfang: Was machen wir zuerst, wo setzen wir an, wer ist wofür zuständig? Projektmanagement war ja für uns alle Neuland. Da mussten wir uns erst reinfinden, regelmäßige Treffen koordinieren, Aufgaben verteilen. Und natürlich ist es nicht immer einfach, einen Konsens zu finden. Bei sieben rauchenden Köpfen flogen schon mal die Fetzen.
Manche unserer Ideen konnten wir nicht umsetzen oder die Umsetzung hat nicht so funktioniert, wie wir es uns vorgestellt hatten. Das war manchmal frustrierend, aber auch Rückschläge gehören dazu. Am Ende haben wir immer eine Lösung gefunden.
Was würdet Ihr jungen Menschen raten, die ein ähnliches Projekt planen?
Vor allem eins: Mut zur Tat. Man sollte sich einfach trauen, ein Projekt auf die Beine zu stellen – auch wenn man so etwas noch nie gemacht hat. Wir sind da anfangs sehr blauäugig herangegangen und haben einfach Dinge ausprobiert. Wir haben gelernt, wie man ein Projekt erfolgreich umsetzt und als Team effektiv zusammenarbeitet. Das ist schon eine enorm prägende Erfahrung, die für uns sicherlich auch in Zukunft nützlich sein wird.
JUGEND für Europa hat das Projekt am Anfang finanziert. Wie trägt es sich jetzt?
Die Stadt Karawane ist so konzipiert, dass Teilnehmerbeiträge von 10 Euro pro Person die laufenden Kosten decken. Außerdem sind wir dabei, einen Verein zu gründen. Wir bemühen uns um eine Förderung durch lokale Institutionen, damit wir ein Büro mieten können. Vor kurzem haben wir auch mit großem Erfolg eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, um Geld für neue Flyer zu sammeln.
Das Programm JUGEND IN AKTION endet Ende 2013. Verfolgt Ihr die gegenwärtige Debatte um eine Nachfolgeprogramm?
Wir finden diese Entwicklung sehr schade. Wenn die Themen Jugend und Jugendarbeit erst einmal in ein umfassendes Bildungsprogramm integriert werden, wird sicher alles viel schwieriger. Dabei haben wir selbst erfahren: Junge Menschen brauchen die Chance zu Eigeninitiative, auch abseits von formaler Bildung.
Unser Projekt wäre jedenfalls ohne die Förderung durch JUGEND IN AKTION nicht umsetzbar gewesen. Wir haben große Sorge, dass es anderen jungen Menschen in Zukunft schwerer fallen könnte, ähnliche Projekte auf die Beine zu stellen.
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Die Stadt Karawanen in Leipzig finden zwei Mal im Monat an einem Samstag statt – und zwar immer für Gruppen von drei bis fünf Personen. Wer Interesse hat, kann sich auf www.stadtkarawane.de anmelden. Die Teilnahme kostet zehn Euro pro Person.
Marco Heuer führte das Interview im Auftrag von JUGEND für Europa.
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