26.11.2012
Ganz schön informell: Der Youthpass für Jugendinitiativen
Seit 2010 ist das Youthpass-Zertifikat auch für Jugendinitiativen erhältlich. Zertifikatsvergabe in Selbstorganisation – wie geht das?
Jugendinitiativen sind im Programm JUGEND IN AKTION eine Besonderheit. Im Rahmen der Aktion 1.2 können junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren Unterstützung für Projekte beantragen, die sie selbst erfunden haben, selbst verwalten und in denen sie eigenständig arbeiten.
Ganz schön informell, denn die Gruppe muss kein Verein sein, keinem Verband angehören und kann überhaupt auf jegliche pädagogische Einflussnahme von anderen pfeifen:
- Da legen vier Kölner im Alter zwischen 25 und 28 Jahren einen öffentlichen Gemeinschaftsgarten an,
- in Jena stellen Studierende das ‚Festival de Colores‘ mit Balkan-Beats und Roma-Literatur auf die Beine und
- die 19-jährige Marina ist die Vorsitzende des Münchner Schülerbüros (MSB), das sich für mehr Demokratie an Schulen einsetzt.
Dabei lernt man doch was! Aber wer soll etwas davon erfahren, außer den Betroffenen natürlich, vielleicht noch deren Freunde und Familie? Dass Jan es gelernt hat, ein Projektkonzept zu schreiben oder dass Rosa nun bestens mit Behörden verhandeln kann – wer weiß davon? Da ist es nur konsequent, dass man auch in Jugendinitiativen einen Youthpasss erwerben kann. Aber wie?
Planvoll vorgehen
Mach Erfahrungen und lern daraus! Das ist der aufmunternde Spruch, mit dem für den Youthpass bei Jugendinitiativen geworben wird. Damit ist die wichtigste Voraussetzung benannt: Man muss überhaupt erst einmal kapieren, dass es bildet, wenn man etwas auf die Beine stellt, organisiert, kommuniziert und macht. Weiß man dies schon vor dem Projekt, kann man den eigenen Bildungsweg bewusst gestalten. Vielleicht nimmt sich jemand einfach vor, mit diesem Projekt seine Schüchternheit zu verlieren? Oder eine andere möchte mit dem Projekt zeigen, was sie handwerklich drauf hat. Vielleicht weiß die Gruppe schon, dass sie sich im Projekt gut aufeinander abstimmen muss und Managementqualitäten gefragt sind.
Die Youthpass-Homepage stellt in einer Methodenbox sogar Tools zur Verfügung, wie man sich einen "Lernplan" aufstellen kann. Zunächst geht es darum zu ergründen, was ich oder die Gruppe überhaupt will: Was möchte man lernen? Welches Potenzial gibt es? Wer kann was besonders gut?
Nicht immer geht es darum, etwas Neues zu lernen. Oft bringt das Projekt einfach Gelegenheiten, die eigenen Stärken zu zeigen. Fragen wie: Was möchte ich oder was möchten wir lernen oder tun? Wo im Projekt kann ich das am besten? Wer kann mich unterstützen? Und was werde ich gewinnen? Welche Schlüsselkompetenzen kann ich in dem Projekt erwerben oder zeigen? sollen dazu führen, dies durch möglichst planvolle Arrangements zu unterstützen.
Natürlich ist es sinnvoll, solche Überlegungen schon im Planungsprozess des Projekts aufzunehmen. Viele Jugendinitiativen, die den Youthpass genutzt haben, scheinen dies zu tun. Das gaben jedenfalls 70 % der Jugendinitiativen an, die sich an einer EU-weiten Umfrage im Herbst 2011 beteiligten. In Trainings zur Gruppenbildung oder bei Projekttreffen haben sie mit Mitteln des Projektmanagements persönliche und Gruppenziele abgeglichen: Was wollen wir mit dem Projekt erreichen? Was brauchen wir dafür, was müssen wir tun? Wie können wir uns gegenseitig dabei helfen? Wann haben wir unsere Ziele erreicht?
Bei Reflektions- und Evaluationstreffen kann man nicht nur den Projektfortschritt, sondern auch die eigene Entwicklung und die der Gruppe besprechen. Dabei sollte es aber nicht bleiben. Für die eigene Vergewisserung (vielleicht, um später einmal darauf zurückzugreifen und natürlich im Hinblick auf einen Youthpass) ist es sinnvoll, die Erfahrungen aufzuschreiben. Hilfreich sind dafür Leitfragen, die man sich vorher überlegt hat oder die man der Youthpass-Homepage entnehmen kann: https://www.youthpass.eu/de/youthpass/for/youth-initiatives/write/outcomes/evaluation/ und https://www.youthpass.eu/de/youthpass/for/youth-initiatives/write/outcomes/.
Noch leichter und interessanter wird es, wenn man den Prozess kontinuierlich beschreibt, anhand eines Tagebuches, der Sammlung von Fotos, Presseausschnitten oder Zeichnungen – der Fantasie, wie man die individuelle und Gruppenerfahrungen sichtbar machen könnte, sind keine Grenzen gesetzt. Und das Beste: Es gibt sogar ein Erinnerungssystem. Damit erhält man per E-Mail im Laufe des Projekts mehrmals hilfreiche Tipps.
Wer stellt ihn aus?
Der Youthpass für Jugendinitiativen hat zwei Teile: Auf den ersten beiden Seiten steht, was Jugendinitiativen allgemein sind und zu welchem Thema die Jugendinitiative, um die es geht, gearbeitet hat. Auf der dritten Seite werden die individuellen Lernerfahrungen und Kompetenzen angegeben, möglichst mit Bezug auf die acht Europäischen Schlüsselkompetenzen. Immerhin 85 % der Umfrage-Teilnehmer gaben an, dass sie die Schlüsselkompetenzen für ihre eigene Beschreibung genutzt haben. Sie waren auch der Meinung, dass die Schlüsselkompetenzen einen guten Rahmen dafür abgeben, weil sie helfen, die Beschreibung zu strukturieren.
Das Zertifikat kann von der Projektleitung der Jugendinitiative, vom Coach, einem Vertreter der Stadt oder den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Nationalagentur unterschrieben werden. In der erwähnten Umfrage geben jeweils ein Drittel der Befragten an, dass der Youthpass von Jugendlichen, oft der Projektleitung, sowie von Vertreterinnen und Vertretern der unterstützenden Organisation unterschrieben wurde. Im zweiten Fall fanden die meisten, dass die Unterschrift der Organisation das Zertifikat "offizieller" oder "glaubwürdiger" machte.
Wofür ist er gut?
Was kann man mit dem Youthpass einer Jugendinitiative anfangen? Genau dasselbe wie sonst auch: Man kann ihn als Teilnahmenachweis und als Nachweis der eigenen Fähigkeiten und Stärken nutzen, um ihn Bewerbungen beizufügen (67 %) oder für sich selbst, um den weiteren Bildungsweg zu planen (47 %). Denn auf jeden Fall kann man am Youthpass ablesen: In Jugendinitiativen lernt man was!
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