15.10.2013

Youthpass im Nahen Osten

Der Youthpass ist in Europa angekommen - und auch in Benachbarten Partnerländern wie dem Libanon kennt man ihn. Dabei gibt es aber noch viel Bedarf, sagt Lama Zeinoun Tabet, ehrenamtliches Vorstandsmitglied des "Chabibeh Sporting Club" in Beirut.

Frau Tabet, Sie arbeiten ehrenamtlich im Vorstand des "Chabibeh Sporting Club", ein Sport- und Jugendverein, der in Chiyah, einem Vorort von Beirut, aktiv ist. Haben die Menschen im Libanon denn schon einmal vom Youthpass gehört?

Natürlich, wenngleich ich zugeben muss, dass das Anerkennungsinstrument nur bei denjenigen Organisationen und jungen Leuten bekannt ist, die schon einmal an Projekten aus JUGEND IN AKTION teilgenommen haben. Und natürlich auch nur dann, wenn ihnen der Youthpass wirklich vorgestellt und mit ihnen erarbeitet wurde. Was unseren Verein betrifft, informieren wir seit 2008 kontinuierlich – und zwar alle unsere Teilnehmer. Da legen wir viel Wert drauf.

Der Libanon gehört als Mittelmeeranrainer zur so genannten Euro-Med-Gruppe. Das sind Benachbarte Partnerländer, die im Rahmen der Aktionen 2 und 3.1 am EU-Programm JUGEND IN AKTION teilnehmen können. Wie sind Sie persönlich das erste Mal mit dem Youthpass in Kontakt gekommen?

Das war 2010. Ich hatte mich als Teilnehmerin für einen SALTO-Trainingskurs in der Türkei beworben und bekam am Ende meinen eigenen Youthpass ausgestellt. Später folgte ein "Train the Trainers" -Seminar für die Euro-Med-Gruppe. Durch die zahlreichen Projekte mit europäischen NGOs kamen viele unserer Teilnehmer in den Genuss, ein Youthpass-Zertifikat zu erwerben. Wir selbst haben das Modell dann bei uns zu Hause kopiert. Auch wenn wir nicht den Original-Youthpass ausstellen – wir haben ein ähnliches Instrument entwickelt, mit dem die Jugendlichen ihr Lernen reflektieren und dokumentieren können.

Welche Rolle spielt die nicht formale Bildung in Ihrem Land?

Bei uns kümmern sich darum ausschließlich die NGOs und Jugendclubs. Das Problem ist: Es gibt keine zuverlässigen Studien und Zahlen, die belegen, wie wertvoll diese Arbeit ist. Als Projektkoordinatorin in unserem Verein bin ich davon natürlich überzeugt. Erweiterung der "soft skills" bei Jugendlichen, Stärkung des Selbstwerts, Ausbau des jungen Unternehmertums – um mal nur ein paar Schlagworte zu nennen. Aber fragen Sie mal die anderen bei uns. Die wissen doch oft gar nicht, was wir alles leisten.

Sie selbst arbeiten hauptberuflich als Personalangestellte in einem Ingenieurbüro. Worauf achten Sie da in den Lebensläufen?

Ich schaue mir als erstes immer an, ob jemand Erfahrungen im außerschulischen Bereich gesammelt hat. Leider schreiben viele Bewerber solche Qualifikationen und Kompetenzen oft gar nicht auf. Die denken wohl, darauf kommt es nicht an. Ein Irrtum – zumindest bei mir.

Sechs Jahre gibt es den Youthpass nun schon. Wo müsste aus Ihrer Sicht noch nachgebessert werden?

Insgesamt ist das schon eine große Erfolgsgeschichte. Das freut mich wirklich sehr. Ein Manko ist sicherlich noch die Erreichbarkeit aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ich würde mir wünschen, dass sich auch wirklich jede Organisation die nötige Zeit nimmt, um den Youthpass den Jugendlichen vorzustellen und den Prozess mit ihnen gemeinsam zu erarbeiten. Denn eins steht doch fest: Wer als Teilnehmer einen Youthpass in den Händen hält, schätzt ihn auch sehr. Wir müssen die Jugendlichen aber noch mehr dahingehend ermuntern, dass sie ihren Youthpass auch wirklich als wichtigen Bestandteil ihrer Bewerbungsmappe verstehen.

Darüber hinaus würde ich mir eine gemeinsame Anerkennungsstrategie für Programmländer und Benachbarte Partnerländer wünschen. Denn was in den 33 Programmländern klappt, muss bei uns noch lange nicht gelingen. Da hinken wir mit der Anerkennung in der Euro-Med-Gruppe doch noch ein gutes Stück hinterher.

In Brüssel wurde die Frage diskutiert, ob der Youthpass nicht auch außerhalb von JUGEND IN AKTION Anwendung finden könnte. Wie stehen Sie dazu?

Wenn es dafür eine gemeinsame Kommunikationsstrategie gibt, sehe ich durchaus Möglichkeiten. Im Einzelnen sollten dann folgende Ziele verfolgt werden:

  • für Jugendliche: Die erworbenen Kompetenzen sollten in den CV eingearbeitet und auch stärker nach Jobanforderungen aufbereitet werden.
  • für Jugendorganisationen: Die Projekte müssen nach "Erfolg" evaluiert werden.
  • für die Wissenschaft: kontinuierliche Forschung, um den Nutzen non-formaler Bildung nachzuweisen
  • für die Unternehmen: Dialog mit Personalabteilungen, um die Relevanz des Youthpass zu verdeutlichen

Gab es im "Chabibeh Sporting Club" eigentlich schon mal eine Erfolgsgeschichte, bei der der Youthpass weitergeholfen hat?

Allerdings. Ich erinnere mich immer gerne an Georges, ein junges Mitglied in unserem Verein. Er hat inzwischen zwei Youthpass-Zertifikate zu Hause: eins für seinen Trainingskurs in der Türkei, eins für seinen Freiwilligendienst in Finnland. Als er mit dem Studium anfing, hat er sich nebenbei für einen kleinen Job bei einer Versicherungsgesellschaft beworben – um ein bisschen Geld neben der Uni zu haben. In seinem Vorstellungsgespräch holte er dann die beiden Youthpass-Zertifikate heraus. Der Interviewer war sichtlich beeindruckt, vor allem auch wohl wegen der EU-Flagge. Georges hat den Job bekommen.

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Alles zum Youthpass erfahren Sie unter www.youthpass.eu.

(Das Interview führte Marco Heuer im Auftrag von JUGEND für Europa)

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