11.02.2014

Spinach for Popeye: Von der Schule in den Beruf

Die Verantwortlichen im Jugendamt des Odenwaldkreises haben gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit europäischen Partnern gesammelt. Fachkräfte aus vier Ländern, die Jugendliche dabei unterstützen, den Sprung von der Schule in den Beruf zu meistern, tauschen sich regelmäßig aus und treffen sich einmal im Jahr zu einem Seminar.

Um neue Ansätze aufzuspüren und sich inspirieren zu lassen, lohnt sich der Blick ins europäische Ausland. Das internationale Projekt „Spinach for Popeye“, an dem der Odenwaldkreis seit 1997 mit Fachleuten aus den Bereichen Schule und Jugendarbeit teilnimmt, ist ein hervorragendes Beispiel dafür, welche Dynamik unterschiedliche Partner aus verschiedenen Ländern entwickeln können, indem sie voneinander lernen.

Akteure aus vielen Bereichen

Fachkräfte aus vier verschiedenen europäischen Ländern treffen sich einmal im Jahr zu einem einwöchigen Seminar. Zu den rund vierzig Teilnehmern zählen Vertreterinnen und Vertreter aus Schulen und Bildungseinrichtungen, aus der Jugendhilfe, der Politik und der Sozialarbeit sowie Eltern. Das Seminar findet jedes Jahr in einem anderen Land statt. Neben den Beteiligten aus dem Odenwaldkreis nehmen Delegationen aus dem schottischen Falkirk, der italienischen Kleinstadt Nuoro auf Sardinien und aus dem schwedischen Göteborg teil.

 „Alle Fachkräfte profitieren von der vielfältigen Zusammensetzung. Je mehr unterschiedliche Kompetenzen zusammenkommen desto besser sind die Ergebnisse“, beschreibt Maria Zeitler die Vorteile der Treffen. Die Jugendhilfeplanerin und Koordinatorin des Netzwerks Übergang Schule-Beruf im Jugendamt der Kreisverwaltung organisiert und koordiniert die Begegnungen auf Seiten der deutschen Teilnehmer.

Schwellen auf dem Weg in den Beruf

Sämtliche Teilnehmer arbeiten mit jungen Menschen, die größtenteils noch die Schule besuchen, sich aber bereits auf dem Weg in die Arbeitswelt befinden. Dieser Übergang ist für viele Mädchen und Jungen mit Risiken verbunden. Die Zielgruppe, mit der die Fachkräfte zu tun haben, zählt zu einem Kreis benachteiligter Jugendlicher. Vielen mangelt es an Selbstbewusstsein und Motivation sowie an der nötigen Unterstützung in der Familie und im unmittelbaren Umfeld.

Die europäischen Partner setzen dort an, wo junge Menschen drohen, die Schule abzubrechen oder den Einstieg in den Beruf zu verpassen. Die Jugendlichen sollen ihre Fähigkeit zur Eigenverantwortung weiter entwickeln und ihr Potenzial besser ausschöpfen lernen. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, verfolgen Lehrkräfte, Politikerinnen oder Sozialarbeiter in verschiedenen Ländern unterschiedliche Ansätze.

Politik einbinden, Öffentlichkeit sensibilisieren

Während die Inhalte der Treffen variieren, ähneln sich die Abläufe. Im vergangenen Jahr fand das Seminar in Schottland statt. 2012 trafen sich die Fachkräfte im Odenwaldkreis unter dem Titel „Changing Attitudes, Developing Practice, Improving Chances“. An der Auftaktveranstaltung nahmen unter anderem auch der erste Kreisbeigeordnete als Schirmherr, Landkreisabgeordnete und der Bürgermeister aus Michelstadt teil, der das historische Rathaus zur Verfügung stellte. Die Organisatoren versuchen inzwischen nicht nur die regionale Politik einzubinden, sondern auch eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen. Der Besuch der anschließenden Podiumsdiskussion war für alle zugänglich.  „Damit wollten wir auch dazu beitragen, das europäische Bewusstsein in der Öffentlichkeit fester zu verankern“, unterstreicht Maria Zeitler.

Nach der jeweiligen Auftaktveranstaltung findet man sich in Workshops zusammen. Die Organisatoren laden Referenten und Experten ein. Neben Fachvorträgen werden „Best-practice“-Beispiele vorgestellt.  Zudem besuchen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Schulen und Bildungseinrichtungen, Betriebe, die junge Menschen ausbilden, Wohngruppen oder ähnliche Einrichtungen. So stand beim Treffen im Odenwaldkreis zum Beispiel der Besuch einer Elfenbeinschnitzerei auf der Agenda. Dabei zeigten die Jugendlichen den Besuchern ihre Arbeit.

Breites Themenfeld

Jede Zusammenkunft wird während eines Sondierungstreffens der europäischen Koordinatorinnen vorbereitet. Dabei verständigt man sich auf die Themen des folgenden Seminars, indem jedes Land einen Fokus einbringt. So beschäftigten sich die Fachkräfte zum Beispiel mit non-formaler Bildung, Gender-Mainstreaming, dem Thema „Fit for Life“ und der Rolle der Eltern.

Die Delegierten nutzen bei jeder Zusammenkunft die Möglichkeit in unterschiedlichen Projekten zu hospitieren, bis dato unbekannte Institutionen zu besuchen und sich ausführlich mit Fachkräften auszutauschen. Während des jüngsten Seminars in Falkirk, der schottischen Partnerstadt des Odenwaldkreises, besuchten die Delegierten unter anderem im vergangenen November eine Drogenberatungsstelle, eine Schule für Erziehungshilfe, ein Kinderheim und Wohngruppen, in denen Kinder unter aktiver Einbeziehung der Eltern betreut werden.

Die Odenwälder beeindruckte vor allem die gute Ausstattung in den schottischen Schulen. Jede Klasse verfügt über ein White Board und einen Internetanschluss. „ Social Media“ ist in Schottland mittlerweile ein selbstverständlicher Inhalt des Unterrichts. Die deutsche Gruppe stellte im Gegenzug die Berufsorientierungsveranstaltung „Talent trifft Berufe“ vor, was bei den anderen europäischen Delegationen auf großes Interesse stieß.

Jugendaustausch als Mehrwert

Neben dem multilateralen Austausch von Fachkräften findet von Beginn an auch ein Jugendaustausch zwischen den unterschiedlichen Partnern statt. So steht das Projekt auf einem noch stabileren Fundament. Fachkongresse für Pädagogen und Jugendaustausch befruchten sich gegenseitig. Die Jugendlichen kehren von Aufenthalten im Ausland in der Regel sehr positiv verändert zurück. Insbesondere benachteiligte Jugendliche profitieren von diesen Begegnungen, gewinnen an Selbstbewusstsein, entwickeln ungeahnte Kompetenzen und bauen Vorurteile ab.

Die mittlerweile 17-jährige Erfahrung des Projekts beweist, dass vom Austausch mit Menschen aus anderen europäischen Kulturen nicht nur Jugendliche unmittelbar profitieren, sondern auch die Fachkräfte wichtige Anregungen für ihre täglichen Aufgaben mitnehmen. Maria Zeitler fasst die Vorteile treffend zusammen, indem sie feststellt: „Auch Lehrkräfte und Sozialpädagogen müssen ab und an raus. Denn nur wer erfährt, was woanders passiert, findet immer wieder neue Anregungen für seine täglichen Herausforderungen.“

(Der Text wurde erstellt von Michael Sachse im Auftrag von JUGEND für Europa)

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