Ein Europäischer Freiwilligendienst in Kamtschatka
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JfE: Kamtschatka, das klingt nach ganz weit weg - und das ist es ja auch! Eine Halbinsel im äußersten Osten Russlands, fast schon in Japan. Und dennoch können junge Leute im Rahmen des Europäischen Freiwilligendienstes dort einige Monate verbringen. Was hat das noch mit Europa zu tun? Was ist die europäische Dimension des Projektes in diesem abgelegenen Fleckchen der Erde?
Judith Kiss: Eine europäische Dimension besteht in vielerlei Hinsicht. Zuerst einmal ist es spannend, die Gegensätzlichkeit zu erfahren: Europa ist in einzelnen Lebensbereichen so vielfältig und bunt, Russland hingegen sehr einheitlich. Es gibt zum Beispiel kaum Dialekte, die russische Küche ist jedem, ob Russe, Ewene, Karele oder Burjate, gleichermaßen bekannt und die Menschen fühlen sich ihrem Russland sehr verbunden. Interessant ist auch, dass die Beziehungen zu Deutschland recht stark sind. Fast alle in Esso haben Erfahrungen mit den Deutschen gemacht; deutsche Touristen, NGOs und Forschungsgruppen sind hier und in ganz Russland auffällig stark vertreten.
Hinzu kommt natürlich, dass Themen wie Aufbau der Zivilgesellschaft und Umweltschutz sowohl in Russland als auch in Europa eine wichtige Rolle spielen – wobei Europa da viel, viel weiter ist. Die überwiegende Mehrheit der Bewohner von Kamtschatka hat keinen Antrieb, die Dinge selbst anzupacken und umzusetzen und ein Engagement für die Zivilgesellschaft ist kaum spürbar. Die Freiwilligen, die aus Europa kommen, leben aber genau diese Dinge vor und das hat natürlich Auswirkungen auf die Menschen vor Ort. In vielerlei Hinsicht wird den Freiwilligen dadurch auch bewusst gemacht, wie mühsam die Entwicklung einer vielfältig engagierten Zivilgesellschaft und die Unterstützung des Natur- und Umweltschutzes seitens der Politik und Wirtschaft vor nicht einmal 60 Jahren auch in Europa gewesen sein muss.